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VW plant angeblich Kronzeugen-Angebot

30. Oktober 2015

Der Autobauer VW plant Medienberichten zufolge ein Kronzeugen-Programm für Mitarbeiter, die in die Abgasaffäre verstrickt sind. Wenn diese gestehen und auspacken, sollen sie in den Genuss einer Amnestie kommen.

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Ein VW Golf beim Abgastest in Hamburg (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/A. Heimken

Mit einer solchen Kronzeugen-Regelung sollten die zähen Ermittlungen zu den Abgas-Manipulationen vorangetrieben werden, berichten "Süddeutsche Zeitung", Westdeutscher Rundfunk und Norddeutscher Rundfunk. Viele, die möglicherweise an den Manipulationen beteiligt waren, schrecken offenbar davor zurück, über ihr Wissen zu berichten. Wer auspackt, darf seinen Arbeitsplatz demnach behalten und bleibt auch von Schadensersatzforderungen verschont. Für Vorstände und andere hoch dotierte Manager gelte das Programm allerdings nicht.

Vorstandschef Matthias Müller habe Anfang Oktober bei einer Betriebsversammlung versprochen, wer zur Aufklärung beitrage und die Wahrheit sage, habe "keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen" zu befürchten. Diese Vorgabe von Müller soll nun offenbar mit einem Amnestieprogramm umgesetzt werden. "Warum sollten die Leute auspacken und sich selbst belasten, wenn sie nichts davon haben?", schreibt die "Süddeutsche Zeitung" unter Berufung auf die Konzernspitze.

Furcht vor US-Ermittlern

Seit Mitte September die US-Umweltbehörde den Betrug bei Abgastests mit Diesel-Autos aufgedeckt hat, bemüht sich VW um Schadensbegrenzung. Der Konzern räumte ein, die Abgaswerte durch eine Software manipuliert zu haben. Bei Tests auf dem Prüfstand führte das Programm zu einem niedrigeren Schadstoffausstoß als im Normalbetrieb. Weltweit wurde die Software in bis zu elf Millionen Autos eingebaut.

Als Grund für das geplante Amnestieprogramm werden auch die Ermittlungen in den USA genannt. Denn sollten die Beteiligten weiter schweigen, könnte dies VW in Not bringen. Falls das Unternehmen die Affäre nicht selbst aufkläre, werde es nicht gelingen, in den USA halbwegs glimpflich davonzukommen, verlautete aus der Konzernspitze. Die dortigen Behörden seien knallhart, dort sei man in der Bringschuld.

Vorbilder für das Amnestieprogramm sind Siemens und die VW-Tochter MAN. Sie hatten, um Schmiergeldaffären aufzuklären, Mitarbeitern unterhalb der obersten Führungsebenen Schonung angeboten. Daraufhin meldeten sich Hunderte Angestellte. Ähnliches erhofft sich nun auch Volkswagen. VW wollte sich zu den Berichten nicht äußern. Ein Sprecher sagte lediglich, die Untersuchungen der externen und internen Ermittler liefen auf Hochtouren.

Gutachten des Bundestages

Derweil wurde bekannt, dass Volkswagen im Diesel-Debakel mit dem für 2016 geplanten Rückruf womöglich nicht alle Probleme aus der Welt schaffe. Sollten die Autos nach der Nachbesserung mehr verbrauchen als vorher oder "reduzierte Fahrleistungen" bringen, könnten die VW-Kunden das Recht haben, vom Vertrag zurückzutreten oder Geld zurückzufordern. Das geht aus einer juristischen Expertise der Wissenschaftlichen Dienste im Bundestag hervor, die die Grünen in Auftrag gegeben haben. Das Gutachten liegt mehreren Nachrichtenagenturen vor.

Schon ein erhöhter Verbrauch von nur drei Prozent könne dabei einen Sachmangel bedeuten. Ab zehn Prozent komme juristisch gesehen eine "erhebliche Pflichtverletzung" infrage, die sogar zum Rücktritt vom Kauf berechtige. Zudem seien auch Schadenersatzklagen denkbar. Im Vergleich zu den VW-Händlern kommt der Konzern laut Gutachten besser weg. Denn für den Hersteller komme nur eine Ordnungswidrigkeit mit einer sogenannten Verbandsgeldbuße in Betracht. Voraussetzung sei, dass ein Manager erwiesenermaßen eine Straftat begangen habe. Damit stünde eine Geldbuße von bis zu zehn Millionen Euro im Raum.

Dazu sagte der Grünen-Verkehrsexperte Oliver Krischer: "Darüber werden Manager im VW-Konzern nur müde lächeln und das Portemonnaie zücken." Er forderte für Gesetzesverstöße von Unternehmen "endlich schärfere Regeln, die eine wirkliche Abschreckung darstellen".

kle/qu (rtr, dpa, afp, tagesschau.de)