Von der Schaufenstermeile zur Kunstzeile
"Tatort Paderborn" heißt ein Kunstprojekt, das 100 Tage lang fragt, welche Bedeutung die Fußgängerzone mitten im Zentrum der Stadt hat. Einst galt sie als Symbol für die Zukunft. Heute ist sie eine öde Konsumstraße.
Heilkräuter statt Ramschläden
Dem Duo "OOZE" Architects aus den Niederlanden ist es zu grau in der Innenstadt. Deshalb haben sie vor einer Kirche einen Garten angelegt. In den Hochbeeten wachsen Kräuter und Heilpflanzen. So gibt es in der Fußgängerzone etwas anderes zu tun, als einzukaufen: Jäten und ernten statt Geld ausgeben, lautet die Lösung.
Traum der modernen Stadt
In der Nachkriegszeit wurden überall in Deutschland Fußgängerzonen eingerichtet. Ziel war es, Wohnen, Verkehr und Einkaufen voneinander zu trennen. Damals träumte man von einer autogerechten Stadt. Deshalb wurde der Verkehr in Ringstraßen um die Stadt herumgeleitet. Das Zentrum sollte zum Bummeln genutzt werden. Paderborn ist eine Fußgängerzone wie es sie überall in Deutschland gibt.
Schilderhaufen
In der Fußgängerzone buhlen Schilder um die Aufmerksamkeit der Menschen. Der Düsseldorfer Markus Ambach hat daraus einen "Weißen Elefanten" gebaut. Im Englischen bezeichnet "White Elephant" überflüssigen Besitz. Ambach treibt das auf die Spitze und türmt die überflüssigen Wegweiser, Verkehrszeichen und Bänke zu einem hässlichen Hindernis auf, das sich den Flaneuren in den Weg stellt.
Wäschekrone
Der "Rikus-Brunnen" begrüßt und verabschiedet die Einkäufer der Fußgängerzone. Er steht prominent am Eingang. Über den Brunnen hat der Künstler Benjamin Bergmann eine Wäschespinne montiert. Die wohlsortiert aufgehängte Kleidung wird ständig feucht gehalten. Wäschespinnen, die sonst nur in Wohngebieten zu finden sind, finden bei Bergmann Einzug in die Fußgängerzone, in der kaum noch Menschen leben.
Kunststoff-Lunge
In eine Senke an der Ostfront des Paderborner Doms hat die Berliner Künstlerin Claudia Brieske eine Lunge aus Kunststoff installiert. Zu hören ist ein verfremdetes Atemgeräusch. Die Installation ruft Assoziationen an ein Leichentuch wach. Bis 1808 war der Domplatz die letzte Ruhestätte der Bischöfe. So konfrontiert die Kunst die Passanten wieder mit der vergessenen Geschichte der Stadt Paderborn.
Toter Raum
In einem Parkhaus wälzt sich ein Pferd auf dem Boden, steht auf und schnauft. Die Video-Installation von Claudia Brieske zeigt das Auf und Ab des Pferdes in einem Endlos-Loop. Das schwere Atmen des Pferdes erinnert an die mangelhafte Sauerstoffversorgung, die in Parkhäusern herrscht. Zugleich bringt sie etwas Lebendiges in den stillen Raum, in dem nur Autos parken.
Symbolische Schlange
Der chinesische Künstler Huang Yong Ping schafft einen beklemmenden Ort. Auf einer Wiese liegt eine gigantische Schlange aus Aluminium und scheint in sich selbst gefangen. In der chinesischen Ikonographie bedeutet die Schlange neben moralische Schwäche auch Verschwendung.
Schutzbedürftige Natur
Bäume wachsen eher selten in der Fußgängerzone. Der Künstler Christian Hasucha hat einen kleinen Apfelbaum gepflanzt. Als Wachstumshilfe und als Schutz hat er ihn von einer viel zu großen Schablone umrahmt. Damit will er den typischen Nicht-Orten der Innenstadt, wie man sie zuhauf in der Fußgängerzone findet, eine neue Zukunft geben.