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Von der Nordsee in den Weltraum

8. September 2020

Das All soll auch von Deutschland aus erobert werden. Das Bundeswirtschaftsministerium prüft Pläne für einen Weltraumbahnhof in der Nordsee. Eine geeignete Rakete soll aus Bayern kommen.

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Satelitenaufnahme der Nordsee
Bild: Imago-Images/Leemage/Novapix/P. Carril

Hochfliegende Pläne des Bundesverbandes der Deutschen Industrie scheinen Gestalt anzunehmen: Ein Konzept des BDI sieht einen Startplatz für Kleinraketen in der Nordsee vor - eine schwimmende, mobile Plattform, betrieben von der Privatwirtschaft mit Unterstützung des deutschen Staates.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hatte sich bereits im vergangenen Jahr aufgeschlossen für die Errichtung eines deutschen Weltraumbahnhofs gezeigt. Nun heißt es aus seinem Ministerium, dass ein entsprechendes Konzept des BDI geprüft werde. Nach Ansicht des Verbandes könnte das Konzept binnen zwei Jahren umgesetzt werden. Die Realisierung sei eine politische Entscheidung und keine technische Frage. Vom Bund sei dafür ein Zuschuss für die Initialkosten in der Anfangsphase nötig.

Schlüssel für Zukunftstechnologien

Ein deutscher Startplatz sollte allen europäischen und internationalen Partnern zur Nutzung offenstehen, so der BDI. Raumfahrt sei für die gesamte deutsche Industrie von zentraler Bedeutung, heißt es in dem Papier. Im digitalen Zeitalter sei sie Schlüssel für Zukunftstechnologien wie autonomes Fahren und Industrie 4.0.

Dank Miniaturisierung würden Satelliten immer kleiner, diese Entwicklung verändere auch den Bedarf an Trägerraketen. "Zukünftig wird es eine Mischung aus großen, mittleren und kleinen Raketen geben." Dem BDI-Papier zufolge gibt es drei private Hersteller von sogenannten Microlaunchern in Deutschland, die 2021/22 auf den Markt kommen sollen. Keines der drei Unternehmen verfüge aber über einen vertraglichen Startplatz in Europa, heißt es.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder mit einem Modell der Spectrum-Rakete bei der Eröffnung der Isar-Aerospace-Produktionshallen in Ottobrunn (07.09.2020)
Bayerns Ministerpräsident Söder mit einem Modell der Spectrum-Rakete: 2021 in der UmlaufbahnBild: picture-alliance/dpa/Isar Aerospace

Eines davon ist Isar Aerospace in Ottobrunn bei München. Das Start-up hat jetzt mit der Raketenproduktion begonnen. Der bayerische Ministerpräsident  und bekennende Weltraumfan Markus Söder ließ es sich nicht nehmen, die Werkshallen in Ottobrunn zu eröffnen. Dort will Isar Aerospace die 27 Meter langen Flugkörper herstellen, die bereits im kommenden Jahr erstmals eine Umlaufbahn im erdnahen Weltraum erreichen sollen.

Kleine Rakete, viel Power

Mitgründer und Unternehmenschef Daniel Metzler bestätigte den Zeitplan für die Rakete namens Spectrum, die bis zu 1200 Kilogramm Nutzlast in niedrige Erdorbits bringen soll, etwa Satelliten. Damit habe man die leistungsfähigste privat finanzierte Rakete Europas, sagte Metzler.

Den Vorteil seines Unternehmens gegenüber großen etablierten Anbietern sieht er vor allem in Flexibilität und niedrigen Kosten. Man könne binnen Wochen oder Monaten Raketenstarts anbieten, sagte er. Dabei helfe auch, dass die verhältnismäßig kleine Rakete relativ unkompliziert per LKW transportiert werden könne.

Bülent Altan
Ex-SpaceX-Manager Altan: Investition in deutsche RaketenproduktionBild: mynaric

Das Start-up mit inzwischen 100 Mitarbeitern ist privat finanziert. In der vergangenen Finanzierungsrunde im Dezember 2019 sammelte das Unternehmen nach eigenen Angaben 15 Millionen Euro ein. Eine weitere Runde steht noch in diesem Jahr auf dem Plan. Zu den Investoren gehört auch Bülent Altan, ehemaliger Vice President des US-Weltraum-Unternehmens SpaceX von Elon Musk.

Noch viel Gesprächsbedarf

Die Raketen sollen in Europa starten. Wo genau, ist noch ist nicht klar. Man sei mit einem halben Dutzend möglichen Startplätzen in Kontakt, sagte Metzler. Und genau hier kommt das Konzept des BDI ins Spiel. Geht es nach dem Bundesverband der Deutschen Industrie könnte die mobile Startrampe vor der deutschen Küste mittelfristig eine weitere Option in Europa sein.

Laut "Handelsblatt" würde eine solche Plattform in der Nordsee den Bund rund 30 Millionen Euro kosten. Die größten Probleme würden vermutlich politische und regulatorische Fragen aufwerfen. Unter anderem planen offenbar auch die Europäische Union und die NATO-Partner Schweden und Norwegen bereits derartige Startrampen.

Der BDI bekräftigte seine Auffassung, wonach ein solcher deutscher Weltraumbahnhof "technisch machbar und strategisch wie wirtschaftlich sinnvoll" sei. Der Bund müsste nur in der Anfangsphase aushelfen, der Betrieb finanziere sich selbst.

AR/AL (dpa, afp)