Von den Werften zu Film und Fernsehen
9. April 2002Wolfgang van Betteray hat jahrzehntelange Erfahrung als Insolvenzverwalter in den unterschiedlichsten Betrieben - aber die Medienbranche ist für ihn ein neues Feld. Doch der 55-jährige kann darauf zurückgreifen, auch in anderen Fällen auf zunächst wenig vertrautem Terrain erfolgreich gewesen zu sein. Immerhin hat er im spektakulären Zusammenbruch des Werften-Konzerns Vulkan die Seebeck- und Lloyd-Werft retten können und dafür sogar einen Orden bekommen.
Wirtschaftsprüfer wollte der gebürtige Düsseldorfer als junger Mann werden und hat dafür Betriebswirtschaft studiert.
Als er in seinem ersten Job bei einer mittelständischen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft für einem insolvent gewordenen Mandanten dem Konkursverwalter zuarbeiten musste, wurde das zum Einstieg in eine ganz andere Laufbahn. "Ich fand das aufregend und spannend", erinnert sich van Betteray an die Anfänge, die ihn 1977zu seinen späteren Partnern führten.
Heute kann die Sozietät Metzeler-van Betteray auf die Bearbeitung von insgesamt mehr als 600 Vergleichs-, Konkurs- und Insolvenzverfahren verweisen.
Wie seine Kollegen wird auch van Betteray normalerweise immer erst dann gerufen, wenn ein Unternehmen am Ende ist, wenn die Gläubiger um ihr Geld zittern und die Beschäftigten um ihre Arbeitsplätze bangen.
Zwar wurde im Fall Kirch van Betteray als Berater schon vor sechs Wochen in den Konzern geholt und hat sich seitdem erste Kenntnisse in dem neuen Geschäft verschaffen können.
Ansonsten aber gilt, was er schon über seine Tätigkeit bei den Werften sagte: dass ein Insolvenzverwalter fähig und bereit sein muss, sich in kürzester Zeit einzuarbeiten und dabei oft auch Privatleben und Familie hintan zu stellen hat.
Den Antrieb liefert die Herausforderung: Ganz besonders gilt dies bei großen Fällen wie jetzt der Kirch-Konzern oder vor Jahren die Vulkan-Pleite. Damals stand van Betteray mit der Zuständigkeit für die Bremerhavener Tochterbetriebe immer ein wenig im Schatten seines prominenten Kollegen Jobst Wellensiek, der in Bremen den Gesamtkonzern abzuwickeln hatte. Als Geschäftsführer der insolventen KirchMedia steht er nun selbst im Rampenlicht.
Bescheidenheit, Entschlossenheit, Beharrlichkeit
Mit der Aufgabe, das Unternehmen aus der Insolvenz herauszuführen und seinen Fortbestand zu sichern, ist van Betteray Hoffnungsträger und potenzieller Sündenbock zugleich. Wo neue Strukturen geschaffen und Kosten drastisch gesenkt werden müssen, bleiben schmerzliche
Einschnitte nicht aus, das wird bei Kirch nicht anders sein als es bei den Werften in Bremerhaven war, wo die Belegschaften auf weniger als ein Drittel reduziert worden sind.
Dennoch wird das Wirken des Kirch-Sanierers in Bremerhaven bis heute gewürdigt. Bescheidenheit, Entschlossenheit, Beharrlichkeit und Engagement bescheinigen ihm die Stadtväter und haben van Betteray für seine Arbeit die "Verdienstmedaille der Stadt Bremerhaven" verliehen.
Ob sich mit der Sanierung der Kirch-Gruppe in Bayern Orden verdienen lassen, muss sich erst noch erweisen. (AP)