Vom Expressionismus zur Neuen Sachlichkeit: Otto Dix in der Kunstsammlung NRW
Otto Dix war talentiert, aber mittellos - bis er ins Rheinland kam: Die Ausstellung "Der böse Blick" widmet sich seiner Düsseldorfer Schaffensphase und zeigt einen jungen Künstler, der vor Produktivität nur so sprühte.
Liegende auf Leopardenfell (1927)
"Der Maler ist das Auge der Welt", sagte Otto Dix. Sein Auge sah besonders scharf: Überzeichnet, oft grotesk zeigte er seine Zeitgenossen und wurde damit zum kontrovers diskutierten Bürgerschreck der Weimarer Republik. 1922 zog er für drei Jahre von Dresden nach Düsseldorf. Dort schaffte er den Sprung vom begabten, aber mittellosen Künstler zum anerkannten Star der Kunstszene.
Dix wird Rheinländer
Behilflich war ihm dabei die rheinische Galeristin Johanna Ey. Von seinem dandyhaften Auftreten und seinem Talent gleichermaßen beeindruckt, nahm sie ihn unter ihre Fittiche, gewährte ihm Obdach im Nebenraum ihrer Kunsthandlung und kurbelte den Verkauf seiner Arbeiten an. Dix, damals noch im Expressionismus verwurzelt, widmete sich vor allem der Aquarellmalerei.
Dame mit zweifelhaftem Ruf
Schwere Ölgemälde waren in den 1920er Jahren aufgrund der Inflation kaum zu finanzieren, die günstigeren Aquarelle hingegen schon. Dix malte in Düsseldorf mehr als 200 von ihnen. Diese "Mieze, abends im Café" (1923) ist ein für Dix typisches Motiv: Es spiegelt seine Faszination für die Halbwelt wider, in die er oft eintauchte. Schoßhund und Pelz verweisen auf die Käuflichkeit der Dame.
Spiegel der Gesellschaft
Das Porträt war für Otto Dix "eine der reizvollsten und schwersten Arbeiten für einen Maler", wie er selbst sagte. Seine Modelle fand er in sämtlichen Gesellschaftsschichten: ob das leichte Mädchen "Ellis" (1922) wie im Bild oder den vermögenden Fabrikanten. Dix malte sie alle - und erschuf damit ein einmaliges Kaleidoskop der von gesellschaftlichen Extremen geprägten Weimarer Zeit.
Helden weggetreten
An der Düsseldorfer Kunstakademie nahm Dix Unterricht in druckgrafischen Techniken und erlangte schnell eine große Fertigkeit darin. Umfangreich verarbeitete er seine Fronterfahrungen aus dem Ersten Weltkrieg im Radierzyklus "Der Krieg". Dix veranschaulichte das Sterben in all seinem Horror und erzeugte damit einen schreienden Gegensatz zur Heldenverehrung des deutschen Soldaten in dieser Zeit.
Glanz und Elend der Weimarer Republik
Neben dem Tod war der Eros Dix wichtigstes Thema. In seinem berühmten "Bildnis der Tänzerin Anita Berber" (1925) verband er beides. Die Berber galt als Vamp, berüchtigt für ihre lasziven Tänze. Sie konsumierte exzessiv Drogen und starb mit 29 Jahren an Tuberkulose. Die Rottöne und die Betonung ihrer weiblichen Kurven stehen in schaurigem Kontrast zum Gesicht. Dix zeigt sie maskenhaft und verlebt.
Beginn der Neuen Sachlichkeit
Insgesamt werden Dix Porträts - hier eines von dem Fotografen Hugo Erfurth von 1926 - zunehmend kühler, analytischer. Wie viele seiner Künstlerkollegen wandte er sich vom Expressionismus ab: "Wir wollten die Dinge ganz nackt, klar sehen, beinahe ohne Kunst", sagte er. Die Neue Sachlichkeit wurde zur wichtigsten Kunstströmung der Weimarer Zeit, mit Dix als ihr prominentester Vertreter.
Herren und Damen
Als Otto Dix Düsseldorf 1925 in Richtung Berlin verließ, war er menschlich und künstlerisch gereift. Er war verheirateter Familienvater, hatte die Palette seiner Kunsttechniken erweitert und verfeinert - und war einer der gefragtesten deutschen Maler seiner Zeit. Bis zum 14. Mai zeigt die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen 230 Werke, hauptsächlich aus dieser für Dix so wichtigen Schaffensphase.