1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Volksabstimmungen schwächen den Euro

Manfred Götzke2. Juni 2005

Mit den negativen Entscheidungen über die Europäische Verfassung fiel in den vergangenen Tagen auch etwas anderes: der Eurokurs. Ein weiterer Grund dafür: Gerüchte über eine Auflösung der Währungsunion.

https://p.dw.com/p/6j01
1,22 Dollar kostet der Euro: der schwächste Eurokurs seit Oktober 2004Bild: AP

Die Finanzmärkte haben es anscheinend schon vorher gewusst: Mit der EU-Verfassung wird's nicht so klappen wie geplant. Denn schon eine Woche bevor die Franzosen darüber abgestimmt haben, begann der Sinkflug des Eurokurses: War die Gemeinschaftswährung vor einer Woche noch 1,26 US-Dollar wert, sind es aktuell nur noch 1,22 Dollar - der niedrigste Wert seit Oktober 2004.

Nach dem Votum in den Niederlanden, wo es ebenfalls ein klares Nein zur EU-Verfassung gab, gehen Analysten von einer weiteren Schwächung aus. "Der Kursverlust könnte sich zumindest kurzfristig ausweiten", sagte Claudia Broyer, Volkswirtin bei der Dresdner Bank. Für die Analysten ist dies keine Überraschung: "Das war absolut abzusehen. Die Ablehnung der Verfassung wird als Schwächung der EU ausgelegt und das werten die Märkte auch als wirtschaftliche Schwächung", sagt Claas Becker, Volkswirt bei der Deutschen Bank.

Mit der EU-Verfassung sollte die Union handlungsfähiger und transparenter werden. "Der geplante EU-Außenminister und die Stärkung des EU-Parlamentes hätten sich positiv auf die Wirtschaft im Euroraum ausgewirkt", so Becker. Entscheidend für die weitere Kursentwicklung ist seiner Meinung nach der kommende EU-Gipfel am 16. und 17. Juni. Dort werden möglicherweise die ersten Konsequenzen aus den negativen Verfassungsabstimmungen gezogen.

Gerüchte: Scheitert die Währungsunion?

Euro Skulptur vor der Europäischen Zentralbank in Frankfurt am Main, Kurs
Bild: AP

Doch die Schwächung des Euro wird aktuell auch von Gerüchten befördert: Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Stern" sollen Bundesfinanzminister Hans Eichel und Bundesbankpräsident Axel Weber über ein Scheitern der Währungsunion diskutiert haben. Weber ließ jedoch umgehend dementieren. "Er beteiligt sich nicht an einer derart absurden Diskussion", teilte die Bundesbank mit. Dem "Stern"- Bericht zufolge macht das Finanzministerium den Euro für die anhaltende deutsche Wachstumsschwäche verantwortlich.

Wirtschaftsexperten halten diese Vorwürfe für Unsinn. Der Euro gilt in Punkto Stabilität als Erfolgsgeschichte, er hat Kaufkraft gesichert und den deutschen Exporteuren nie da gewesene Vorteile gebracht. "Ohne die Existenz des Euro wäre die deutsche Wirtschaft in den letzten beiden Jahren in die Rezession geschlittert", sagt der leitende Volkswirt der Dresdner Bank/Allianz-Gruppe, Rolf Schneider.

US-Importe wichtiger als EU-Verfassung

Kurs des Euro überschreitet Parität zum US-Dollar
Bild: AP

Auf lange Sicht sind für die Entwicklung des Eurokurses ohnehin andere Fragen entscheidender, als die Abstimmungen über die EU-Verfassung. Wie hoch ist das Wirtschaftswachstum der einzelnen Mitgliedstaaten? Und wie entwickelt sich das Handelsverhältnis mit den USA? Beim letzten Punkt steht Euroland nach Ansicht des Volkswirts Claas Becker gut da. Die EU-Staaten führen ungefähr so viele Waren aus, wie sie einführen. Die USA importieren dagegen deutlich mehr ausländische Produkte, als sie exportieren, derzeit jährlich Waren und Dienstleistungen für mehr als 550 Milliarden Dollar. Langfristig könnte das zu einem Zusammenbruch des Dollarkurses führen.

Doch auch wenn der Dollar stabil bleibt und der Euro langfristig wieder billiger wird: Für die deutsche Konjunktur wäre das nur positiv, denn eine schwacher Euro beflügelt den Export. Somit könnte die Wirtschaft des Exportweltmeisters doch noch vom Scheitern der Verfassung profitieren.