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Vogelgrippe bei Rindern: Was bedeutet das?

2. Mai 2024

In den USA hat das Vogelgrippevirus nun auch Kühe infiziert. Die Übertragung auf Nutztiere beunruhigt Virologen, da mit jedem neuen Wirt die Gefahr für den Menschen steigt.

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Nahaufnahmen von Rindern
Fachleute sind vor allem besorgt, weil Rinder bislang nicht als Wirtstiere für das Vogelgrippevirus galten.Bild: Jens Büttner/dpa/picture alliance

Wo wurde die Vogelgrippe aktuell gefunden?

Das Vogelgrippevirus ist zwar bereits rund um den Globus zu finden und hat in den vergangenen Jahren sehr große Wildvogelbestände dezimiert. Auch viele Räuber wie Robben und Seehunde haben sich an den erkrankten Vögeln infiziert. Aber dass die Vogelgrippe jetzt auch bei Rindern gefunden wurde, hat die Fachwelt sehr überrascht.

Dass das Vogelgrippevirus damit den dauerhaften Sprung in eine an Land lebende Säugetierspezies geschafft hat, war durch die Untersuchung von Supermarktmilch aufgefallen. Bei einer landesweiten Untersuchung durch die US-Gesundheitsbehörde FDA fanden sich in rund 20 Prozent der getesteten Proben demnach Bestandteile des Vogelgrippevirus H5N1. Nachweislich sind aktuell mindestens 33 Rinderherden in acht Bundesstaaten infiziert.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO warnt vor einer Ausbreitung der Vogelgrippe bei Rindern in den USA und auf weitere Länder. Zugvögel können das hochpathogene Influenza-A-Virus H5N1 weiter in alle Welt tragen. Noch sei die Gefahr für Menschen gering, die WHO mahnt aber alle Staaten zu erhöhter Aufmerksamkeit.

Erstmals wurde das Virus 1996 in China entdeckt, seitdem hat es mehrere Ausbrüche in Geflügelbeständen verursacht. Der Erreger führt häufig zu schweren Krankheitsverläufen mit hoher Sterblichkeit.

Warum ist die Fachwelt besorgt? 

Seit 2021 hat die WHO insgesamt 28 Fälle von Vogelgrippe-Infektionen bei Menschen registriert, bei rund der Hälfte handelte es sich um die sogenannte Klade 2.3.4.4b . Laut den Zentren für Krankheitskontrolle und -prävention (CDC) sind in den USA aktuell bislang zwei Personen nachweislich an der Vogelgrippe erkrankt. Beide hatten sich durch den unmittelbaren Kontakt mit Milchkühen angesteckt und haben nur leichte Symptome. 

Fachleute sind besorgt: "Es beunruhigt mich auch deshalb, weil wir mit dem Rind einen ganz neuen Viruswirt haben. Und das will man eigentlich überhaupt nicht. Ein an Rinder angepasstes Influenza-A-Virus müssen wir auf jeden Fall verhindern. (…) Das Virus wird versuchen, sich weiterzuentwickeln, deshalb ist es wichtig, dass rasch Maßnahmen wie Transportbeschränkungen getroffen werden", so Prof. Martin Beer, Leiter des Instituts für Virusdiagnostik (IVD) am Friedrich-Loeffler-Institut in Greifswald.

Mit jedem neuen Viruswirt, der in engerem Kontakt zu Menschen steht, erhöhe sich auch die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung auf den Menschen, so Beer. "Für eine Übertragung auf den Menschen muss das Virus einige Hürden überwinden, weil wir zum Beispiel eine wirksame angeborene Immunität gegen solche Influenzaviren besitzen. Die H5-Viren tun sich zum Glück bisher schwer damit, diese Hürden zu überwinden. Doch jeder neuer Säugetierwirt kann das Virus dem Menschen ein Stück näherbringen."

Besteht eine akute Gefahr für den Menschen?

Nach Angaben der Nationalen Lebensmittel- und Arzneimittelbehörde (FDA) sei der Konsum der Milch unbedenklich, wenn sie pasteurisiert, also durch Erhitzen keimfrei und haltbar gemacht wird. Auch die zurückbleibenden genetischen Virusfragmente können keine Infektion verursachen. "Rohmilch ohne Pasteurisierung ist aber in jedem Fall zu vermeiden. Sie ist durch den hohen Fett- und Zuckeranteil ein viruskonservierendes Medium", sagt Martin Beer.

Auch die Gefahr einer weltweiten Ausbreitung, also einer Pandemie sei sehr unwahrscheinlich, so Prof. Dr. Martin Schwemmle, Forschungsgruppenleiter am Institut für Virologie am Universitätsklinikum Freiburg.

Wie wird das Virus übertragen?

Bislang ist unklar, wie das Virus auf die Rinder übertragen wurde und wie der Infektionsweg zwischen den Kühen erfolgte. Erste Hinweise deuten auf eine Infektion des Euters hin. Möglicherweise wurde das Virus also über die Melkgeräte oder über die Handschuhe der Mitarbeitenden auf andere Tiere übertragen, so Martin Beer vom Friedrich-Loeffler-Institut. Wenn dies der Übertragungsweg ist, ließe sich eine weiter Ausbreitung durch verschärfte Hygiene-Vorschriften, Tests und Transportkontrollen vergleichsweise einfach in den Griff bekommen.

Allerdings kann bislang auch eine Übertragung über die Atemwege nicht ausgeschlossen werden. "Wir können nur hoffen, dass das Virus in der Kuh auf das Euter beschränkt bleibt, denn dieser Replikationsort ist zwar erstaunlich, aber die davon abhängige Übertragung ist unter Umständen leichter zu unterbinden. Eine respiratorische Übertragung wäre dagegen sehr problematisch", so Beer.

Auch Evolutionsbiologe Mike Worobey von der University of Arizona warnt vor einer bedrohlichen Virus-Anpassung an den Menschen. "Wir befinden uns hier auf Neuland, da sich ein an Säugetiere angepasstes H5N1-Virus zum ersten Mal in Landsäugetieren ausbreitet, mit denen Hunderttausende von Menschen jeden Tag in Kontakt kommen", so Woreby gegenüber dem Wissenschaftsmagazin Science. Das nächste Pandemievirus werde kommen und diesem Virus sehr ähnlich sein, so Worobey.

 

Quellen:

Science: The U.S. government is taking action to stop ‘cow flu.’ Is it too little, too late? (Author: Jon Cohan)

World Health Organisation: H5N1-Update (30.04.24)

 

DW Mitarbeiterportrait | Alexander Freund
Alexander Freund Wissenschaftsredakteur mit Fokus auf Archäologie, Geschichte und Gesundheit@AlexxxFreund