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Vincent Lambert darf sterben

5. Juni 2015

Ärzte dürfen die künstliche Ernährung des französischen Komapatienten abbrechen, entschied der Europäische Menschengerichtshof. Der Streit um passive Sterbehilfe hatte in Frankreich eine Gesellschaftsdebatte ausgelöst.

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Der Wachkomapatient Vincent Lambert liegt im Krankenaus in Reims. Seine Mutter zeigt ihm ein Bild. (Foto: EPA)
Bild: picture-alliance/dpa/Photopqr/L'union De Reims

Die Maschinen, die den querschnittsgelähmten französischen Komapatienten Vincent Lambert (Artikelbild) am Leben erhalten, dürfen angehalten werden. Das entschieden die Richter des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg. Sie bestätigten damit die Enscheidung der französischen Gerichte, die Behalndlung des Komapatienten abzubrechen. Das Urteil ist endgültig, eine Berufung dagegen nicht möglich.

Von der Privatangelegenheit zur Gesellschaftsdebatte

Der Fall Vincent Lambert bewegt Frankreich seit knapp anderthalb Jahren: Seitdem streitet seine Familie öffentlich darüber, ob das Leben des Wachkomapatienten beendet werden soll. Die Familienangelegenheit ist Teil einer Gesellschaftsdebatte in Frankreich.

Der inzwischen 38-jährige Lambert hatte sich bei einem Motoradunfall im Herbst 2008 schwere Kopfverletzungen zugezogen und war ins Koma gefallen. Anfang 2013 entschieden die Ärzte, die künstliche Ernährung des Querschnittsgelähmten einzustellen. Das sogenannte Leonetti-Gesetz überlässt den Medizinern in Frankreich diese Entscheidung, wenn der Patient sich selbst nicht mehr mitteilen kann. Aktive Sterbehilfe ist hingegen ebenso wie in Deutschland verboten.

Nach Auffassung der Ärzte deuteten körperliche Reaktionen Lamberts darauf hin, dass er sich gegen die lebensverlängernden Maßnahmen sträubte. Eine schriftliche Willensbekundung Lamberts gibt es allerdings nicht.

Tiefes familiäres Zerwürfnis

Seine Ehefrau Rachel und einige seiner acht Geschwister stimmten dennoch zu, Lambert sterben zu lassen. Ein solches Leben habe er nicht gewollt, sagen sie. Die streng katholischen Eltern Lamberts und zwei der acht Geschwister sehen dies anders - und zogen vor Gericht.

Nach mehreren Prozessen urteilte Frankreichs oberster Verwaltungsgerichtshof im Juni 2014 schließlich, die Lebenserhaltenden Maßnahmen dürften beendet werden. In einem Eilantrag wandten sich die Eltern daraufhin an den Menschengerichtshof in Straßburg, woraufhin die Ernährung per einstweiliger Verfügung wieder aufgenommen wurde.

Nach Ansicht der Eltern und deren Anwälte ist Lambert behindert. Die künstliche Ernährung sei deswegen keine medizinische Behandlung, sondern nur Pflege. Ein Stopp der lebensverlängernden Maßnahmen sei daher "verdeckte Euthanasie", sagte Lamberts Mutter Viviane.

sp/rb (rtr, afp, epd, kna)