Unterdrückte Beweise
25. September 2008Ein US-Militärstaatsanwalt hat sein Mandat in einem Verfahren auf dem Militärstützpunkt Guantanamo niedergelegt. Oberstleutnant Darrel Vandeveld habe der Staatsanwaltschaft unter anderem die Zurückhaltung entlastender Beweise vorgeworfen, berichteten Anwälte der Verteidigung am Donnerstag (25.09.2008). Chefankläger Lawrence Morris erklärte dagegen, dass Vandeveld seinen Rücktritt bereits in den vergangenen Wochen angedeutet und dafür persönliche Gründe angegeben habe. Vandeveld selbst wollte zunächst keine Stellungnahme abgeben. Er wäre der vierte Guantanamo-Ankläger, der seinen Dienst wegen Bedenken über die Rechtmäßigkeit der Verfahren vor dem Tribunal quittiert.
Weiterer Rückschlag für US-Regierung
Vandeveld vertrat die Anklage in dem Verfahren gegen Mohammed Dschawad. Dem Afghanen wird vorgeworfen, im Dezember 2002 auf einem Markt in der afghanischen Hauptstadt Kabul eine Granate auf einen Jeep des US-Militärs geworfen zu haben. Zwei US-Soldaten und ihr Übersetzer wurden damals verletzt. Zum Zeitpunkt seiner Verhaftung war Dschawad 16 oder 17 Jahre alt. Kurz darauf wurde er an die US-Truppen überstellt. Vandeveld zufolge seien Aussagen anderer Personen, die sich bereits zu dem Granatenanschlag bekannt haben sollen, nicht für das Tribunal akzeptiert worden. Der Prozess gegen Dschawad werde auch ohne Vandeveld fortgesetzt, sagte Morris.
Die Bemühungen der US-Regierung, den Terrorverdächtigen in dem umstrittenen Gefangenenlager von Militärtribunalen den Prozess machen zu lassen, haben bereits mehrere Rückschläge erlitten. Das Oberste Gericht der USA stellte sich in einem im Juni veröffentlichten Grundsatzurteil auf die Seite der klagenden Gefangenen und räumten diesen das Recht auf Zugang zu ordentlichen Gerichten in den USA ein. Die bisherige Praxis, den Gefangenen dieses Recht zu verwehren, verstoße gegen die Verfassung, urteilten die Richter. Im Jahr 2006 wurde Präsident George W. Bush gezwungen, die Richtlinien für die Tribunale zu ändern, nachdem das Oberste US-Gericht den ursprünglichen Rahmen der Tribunale als illegal beurteilt hatte. Ehemalige Gefangene des Lagers auf Kuba berichteten wiederholt von Folter und Missachtung der Religionsfreiheit. (rri)