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Tournee der Frauen: Früher oder später?

28. Dezember 2020

Corona-Krise, mangelnde Leistungsdichte, nicht zuständig - es ist schon merkwürdig, welche vermeintlichen Argumente bemüht werden, um eine Vierschanzentournee der Frauen auf die eher lange Bank zu schieben.

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Deutschland 67. Vierschanzentournee - Oberstdorf
Bild: picture-alliance/dpa/. Warmuth

Selbst wenn einem die Argumente ausgehen, am Ende bleibt immer noch die Pandemie. "Aufgrund der Corona-Situation wird sich eine Frauen-Tournee um das eine oder andere Jahr nach hinten verschieben", sagte Johann Pichler, Chef der Vierschanzentournee, der österreichischen Nachrichtenagentur APA und verwies auf die zu erwartenden finanziellen Schwierigkeiten der Ausrichter in Oberstdorf, Garmisch-Partenkirchen, Innsbruck und Bischofshofen: "So wie es jetzt ausschaut, wird es auch für das kommende Jahr sehr schwierig werden." Mit anderen Worten: Auch zum Jahreswechsel 2021/22 bleiben Frauen wahrscheinlich von dem prestigeträchtigen Skisprung-Wettbewerb ausgeschlossen. 

"Früher oder später" werde eine Vierschanzentournee der Frauen aber "ganz sicher kommen", versicherte Pichler, der neben seinem Posten als Tournee-Präsident auch Vorsitzender des Skiclubs Bischofshofen ist, "weil das Niveau auch dermaßen hoch ist und die Mädels es verdient hätten, ihr Können vor einer dementsprechenden Kulisse zu zeigen".

Fünftes Rad am Wagen?

Vom Vorschlag des deutschen Frauen-Bundestrainers Andreas Bauer, die Frauen einfach am Qualifikationstag der Herren springen zu lassen, halte er nicht allzu viel, so Skisprung-Funktionär Pichler. "Man muss aufpassen, dass das Premiumprodukt Vierschanzentournee seinen Stellenwert behält. Und für die Damen ist es sicher auch nicht gut, wenn sie das fünfte Rad am Wagen sind und wir sie als ‚Vorspringerinnen‘ der Männer runterlassen."

Das "Premiumprodukt Vierschanzentournee" ist gefährdet? Skispringerinnen drohen, "fünftes Rad am Wagen" zu sein? Die Wortwahl entlarvt die Geisteshaltung. Wenig ist da zu spüren von echter Wertschätzung für die  Athletinnen und von Entschlossenheit, die Veranstaltung auch für Frauen zu öffnen.

Althaus widerspricht

Sandro Pertile, im Ski-Weltverband FIS für Skispringen zuständig, führte in einem Interview des Deutschlandfunks gar eine angeblich mangelnde Leistungsdichte bei den Springerinnen als Argument gegen eine Tournee der Frauen an: "Wir können kein Top-Event für ein paar Athletinnen organisieren", sagte der Italiener. Und warum gibt es dann bereits seit 2009 Weltmeisterschaften und seit 2014 olympische Skisprung-Wettbewerbe für Frauen?

Südkorea Pyeongchang 2018 - Skispringen | Katharina Althaus
Katharina Althaus gewann 2018 in Pyeongchang in Südkorea olympisches SilberBild: picture alliance/dpa/D. Karmann

Die Leistungsdichte der Skispringerinnen sei "viel enger" geworden, widersprach auch Olympia-Silbermedaillengewinnerin und Vizeweltmeisterin Katharina Althaus, die sich an die Spitze des Kampfes für eine Vierschanzentournee der Frauen gesetzt hat. "Die FIS hat offenbar Angst davor, dass die Frauen zu stark werden", sagte Althaus in einem Interview des Magazins "Fokus": "Vielleicht würde sich dort sogar zeigen, dass Frauen gegenüber den Männern Vorteile haben und weiter fliegen."

Keine Hilfe für Althaus und Co. war Stefan Horngacher, Bundestrainer des deutschen Männerteams, der sich im Vorfeld der Tournee schlicht für nicht zuständig erklärte. "No comment from my side (kein Kommentar meinerseits)", antwortete der Österreicher in einer Video-Runde auf die Frage, was er von einer Vierschanzentournee der Frauen halte. "Ich will darüber gar nicht reden", sagte Horngacher. "Ich bin kein Damentrainer, ich bin da 0,0 drin. Deshalb kann ich da wirklich keine Antwort geben." Vielleicht sollte er sich einfach mal dafür interessieren.

DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler Redakteur und Reporter