Haftstrafe für Femen in Tunis
12. Juni 2013Die Frauen müssten "wegen unzüchtigen Verhaltens vier Monate und einen Tag" im Gefängnis verbringen, sagte einer ihrer Anwälte, Souheib Bahri, der Nachrichtenagentur AFP in Tunis. Zwei Französinnen und eine Hamburger Studentin hatten Ende Mai vor dem Justizpalast in Tunis mit nacktem Oberkörper gegen die Inhaftierung einer anderen Femen-Aktivistin protestiert (Artikelbild).
Die Chefin der feministischen Organisation, Inna Schewtschenko, äußerte sich "nach diesem sehr harten Urteil sehr wütend". Sie sprach von einer "politischen Entscheidung" und kündigte an, die Femen-Mitglieder würden ihre Aktionen in Tunesien "ausweiten und vervielfachen". Die Bundesregierung zeigte sich besorgt. "Der Rechtsbeistand der drei Frauen hat entschieden, gegen das Urteil Berufung einzulegen", teilte das Auswärtige Amt mit. Die deutsche Botschaft in Tunis werde die deutsche Staatsangehörige weiter konsularisch betreuen und "das Verfahren aufmerksam verfolgen". Weiter hieß es aus Kreisen des Ministeriums, der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning, werde nach Tunesien reisen, um den Aktivistinnen in der Haft einen Besuch abzustatten.
"Form des politischen Protests"
Die deutsche Philosophie-Studentin hatte vor Gericht ausgesagt, die Aktion habe sich nicht gegen die tunesischen Wertvorstellungen gerichtet; sie sei vielmehr eine Form des politischen Protests gewesen. Anwälte aus konservativen Kreisen in Tunesien machten dagegen geltend, dass Nacktauftritte auch in Deutschland als exhibitionistische Handlungen mit Gefängnisstrafen von bis zu einem Jahr verfolgt werden könnten.
Während des Prozesses waren die drei angeklagten Frauen - wie vor tunesischen Richtern üblich - in helle bodenlange Gewänder gehüllt. Das Verfahren war vergangenen Mittwoch eröffnet, aber sofort vertagt worden. Während seines Berlin-Besuchs in der vergangenen Woche hatte der tunesische Ministerpräsident Ali Larayedh ein rechtsstaatliches Verfahren zugesagt. Die Höchststrafe hätte sechs Monate Haft betragen.
Die Femen-Organisation streitet mit nackten Brüsten für Frauenrechte und gegen Sexismus. Die aus der Ukraine stammende Gruppe sieht sich als "Stoßtrupp des Feminismus". Sie argumentiert damit, dass sie mit ihren barbusigen Aktionen größere Aufmerksamkeit erzielen könne als angezogen. Gegner meinen, die Frauen setzten mehr auf Effekte denn auf Inhalte.
In Deutschland hatten die Femen zuletzt durch ihre Attacke auf Kremlchef Wladimir Putin in Hannover von sich reden gemacht.
sti/rb/qu (afp, dpa)