Viele Tote bei Unruhen auf Madagaskar
28. Januar 2009Nach Angaben von Augenzeugen versammelten sich etwa 40.000 Menschen auf dem Hauptplatz der Hauptstadt Antananarivo. In den Straßen der Stadt patroullieren schwer bewaffnete Soldaten. Seit Montag wurden nach Berichten örtlicher Medien etwa 70 Menschen bei den Unruhen getötet. In anderen Quellen ist jedoch von deutlich weniger Toten die Rede. Allein in den Trümmern einer von Plünderern in Brand gesetzten Einkaufspassage in der Hauptstadt Antananarivo entdeckten Sicherheitskräfte aber mehr als 35 Leichen. Das Einkaufszentrum gehört dem madagassischen Präsidenten Marc Ravalomanana.
Vorwurf des Machtmissbrauchs
Ravalomanana wird vorgeworfen, sein Vermögen erst während seiner Amtszeit angehäuft zu haben. Ihm gehören neben dem größten Lebensmittelkonzern des Landes auch eine Radio- und Fernsehstation, zwei Tageszeitungen, eine Straßenbaufirma und eine Druckerei.
Die Krawalle hatten am Montag nach einer Demonstration gegen die Regierung begonnen, zu der Antananarivos Bürgermeister Andry Rajoelina zum Auftakt eines Generalstreikes aufgerufen hatte. Die Unruhen griffen am Dienstag von der Hauptstadt aus auf zahlreiche große Städte über.
Appelle der deutschen Botschaft
Die deutsche Botschaft appellierte in einem Rundbrief an deutsche Staatsbürger in Antananarivo, die Wohnungen nach Möglichkeit nicht zu verlassen. Im Rundfunk warnten Experten vor einer Knappheit und damit Verteuerung lebenswichtiger Güter. Das Militär informierte über räuberische Banden, die mit Schnellfeuergewehren Passanten überfielen. Die Waffen seien von Soldaten bei ihrem überstürzten Rückzug auf ein in Brand gesetztes Medienzentrum zurückgelassen worden. Oppositionsführer Rajoelina vermutet hinter den Plünderungen dagegen Provokateure von Ravalomanana, um ihn und die Protestbewegung in Misskredit zu bringen. Er sagte ein geplantes Treffen mit dem Staatschef ohne Angabe von Gründen ab.
Gegen präsidiale Verschwendung
Ravalomananas Gegner werfen ihm vor allem die Anschaffung eines neuen Dienst-Flugzeugs für 60 Millionen US-Dollar (45 Millionen Euro) als Verschwendung vor, aber auch schwere Eingriffe gegen die Pressefreiheit. Auch der Bau riesiger Silos im wichtigsten Reis-Anbaugebiet geriet in die Kritik, zumal der Präsident nach Ansicht seiner Gegner die Einkaufspreise diktiert.
Ravalomanana übernahm 2002 die Präsidentschaft und wurde im Dezember 2006 im Amt bestätigt. Eskaliert ist die Situation Mitte Dezember 2008, als die Regierung Rajoelinas populären Fernsehsender "Viva" nach der Ausstrahlung eines Interviews mit dem früheren Präsidenten Didier Ratsiraka schließen ließ. Ratsiraka lebt seit 2002 im Exil in Frankreich.
Madagaskar ist eines der ärmsten Länder der Welt. Nach Angaben der Weltbank müssen 70 Prozent der Bevölkerung von weniger als einem US-Dollar am Tag leben. (mm/sams)