Viele Analphabeten in Integrationskursen
1. Februar 2020Rund 17 Prozent der Teilnehmer in den Integrationskursen können nicht lesen oder schreiben, ganz überwiegend seien dies Geflüchtete. sagte der Chef des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Hans-Eckhard Sommer, der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post".
Dennoch schätzt der Behördenchef die Motivation der Menschen, etwas zu lernen, als sehr hoch ein. Von denen, die zuvor nicht lesen und schreiben konnten, schafften 13 Prozent das Sprachniveau B1, was sechs Jahren Schulunterricht in einer Fremdsprache entspreche, sagte Sommer. 40 Prozent erreichten immerhin das etwas niedriger liegende Niveau A2: "Das ist eine große Leistung."
Dennoch stellt die hohe Zahl der Analphabeten für die Integration in den Arbeitsmarkt ein Problem dar: Das Bundesamt sei sich "immer bewusst" gewesen, "dass über den Fluchtweg nur wenige Fachkräfte ankommen", sagte Sommer. Aus dem Kreis der geflüchteten Menschen sind derzeit noch 450.000 als arbeitssuchend gemeldet." Für eine Anwerbung von Fachkräften sei es besser, auf Europa zu setzen.
Fachkräfte aus Südeuropa
In Südeuropa gebe es viele arbeitslose, gut ausgebildete junge Leute. "Diese als Arbeitskräfte für Deutschland zu gewinnen, wäre unter dem Aspekt der Integration wesentlich einfacher." Innerhalb der EU gebe es auch keine rechtlichen Hindernisse, in einem anderen EU-Land zu arbeiten. Er begrüße, dass die Fachkräftestrategie der Bundesregierung dort ansetze, so Sommer.
Der BAMF-Chef warnte zugleich davor, Fachkräfte aus Entwicklungsländern anzuwerben. Er halte es für problematisch, "wenn wir zum Beispiel gut ausgebildete Personen aus gering entwickelten Staaten in größerer Zahl nach Deutschland holen", sagte Sommer. Das habe zur Folge, dass die Entwicklung für deren Heimatländer umso schwieriger werde. "Wir müssen viel mehr Ausbildung und Arbeitsplätze in diesen Ländern schaffen. Wenn wir die Entwicklung dieser Staaten nicht fördern oder gar behindern, laufen wir Gefahr, uns die nächsten Flüchtlinge selbst zu schaffen."
Mehr als die Hälfte kann sich nicht ausweisen
Neben den mangelnden Schreib- und Lesekenntnissen bei einigen Geflüchteten sieht Sommer auch das Thema Identitätsfestsstellung kritisch. "Nur etwa 45 Prozent der Asylsuchenden haben Ausweispapiere dabei", sagte der Chef des Bundesamtes. Bei den übrigen Personen sei man auf deren Angaben angewiesen.
Sicherstellen könne man inzwischen, dass sich im Asylverfahren niemand mehr mehrere Identitäten zulegen könne, sagte Sommer. Die Angaben würden mit verschiedenen IT-Verfahren, etwa Spracherkennung oder Auslesen von Handy-Daten überprüft. Das Auslesen der Handys müsse dabei möglichst früh nach der Ankunft geschehen. "Nach einigen Tagen Aufenthalt in Deutschland bekommen wir oft nicht mehr die mitgebrachten Geräte vorgelegt."
sth/se (afp, epd, kna)