1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

YouTube-Fans treffen ihre Stars

Gaby Reucher8. August 2015

Autogramme sammeln und Stars treffen: Die Kölner VideoDays sind fest in den Händen jugendlicher Fans. Das könnte sich bald ändern, denn nicht nur YouTube ist dabei, das Durchschnittsalter der Zielgruppen zu erhöhen.

https://p.dw.com/p/1GBxD
Videodays Köln 2015, Fans warten auf den Beginn des Konzerts der VideoDays. Sie stehen in der ersten Reihe vor der Bühne.
Bild: DW/G. Reucher

Wenn bei Europas größtem YouTuber-Treffen über 15.000 kreischende Video-Fans in einer Sportarena auf 300 YouTube-Stars treffen, dann sollte man gut vorbereitet sein. Zumindest als unbedarfte Mutter, die ihre 14-jährige Tochter begleiten will. Also Schluss mit gemütlichen Fernsehabenden, ab jetzt stehen YouTube-Videos auf dem Programm.

Lena führt mich ein in die Szene mit "Bibis" neuesten Schminktipps für den Sommer und den "Do-it-yourself-Videos" von "Julia Beautx". "Julien Bam", der von Comedy bis Breakdance einfach alles kann, gefällt ihr besonders gut. Mir reden alle viel zu schnell und - zu lange. Zwischen sechs und zehn Minuten dauert so ein Video in der Regel. Lena macht das nichts aus. Sie meint ganz pragmatisch: "Wenn die langsamer reden, dann wird das Video ja noch länger".

YouTuber, deine besten Freunde

Für viele Fans zwischen 12 und 16 Jahren sind die YouTuber große Vorbilder. In der langen Schlange zum Einlass in die Kölner Lanxess-Arena treffen wir Antonia und Janina, beide 15. Sie wollen ein Autogramm von Shirin David: "Die ist so hübsch, die hat richtig lange Haare und kommt symphatisch rüber." Auch Lena mag Shirin: "Die hat so eine lustige Art."

Jugendliche Fans warten vor der Kölner Lanxess-Arena
Noch warten die Fans geduldig auf Einlass in die Kölner Lanxess-ArenaBild: DW/G. Reucher

Zu den VideoDays kommen sie fast alle. Dabei ist nicht die Rede von YouTubern, die niedliche Hundevideos einstellen oder ihrem Kind mit der Kamera bei den ersten Schritten zuschauen. Es sind die Teenie-Lieblinge, die für ihre Altersgruppe regelmäßig Videospiele kommentieren, Schminkartikel vorstellen oder in verschiedenen "Challenges" - also Wettkämpfen - gegeneinander antreten. Aufgenommen per Webcam vom eigenen Sofa aus oder mit professionellem Equipment.

Autogramm-Marathon bei den VideoDays

In ihren Videos zeigen die YouTuber freizügig ihre Wohnung und gewähren Einblicke in ihr Privatleben - ganz ohne Paparazzi. Doch beim "CommunityDay", der großen Autogrammstunde, haben sie nicht so viel Zeit für ihre "Follower". Jeder Besucher hat höchstens 20 Sekunden, um ein Autogramm zu ergattern. Schnell wird noch das Smartphone für ein Selfie mit dem Star hochgehalten. Mehr Nähe ist nicht drin, das Sicherheitsrisiko wäre viel zu hoch.

Lena macht ein Selfie von sich und Julia Beautx.
Selfie mit Lena und Julia Beautx (r.)Bild: DW/G. Reucher

Ich bin längst nicht die einzige Mutter bei diesem YouTuber-Treffen. Eltern stehen gelangweilt in Grüppchen herum und warten auf ihre Teenager. Andere gehen wie ich mit auf die Jagd und dokumentieren jede Unterschrift mit der Kamera. Lena und ich haben außerdem das Privileg, einige der Internetstars in der Interview-Lounge für die Presse zu treffen.

Wie ist das so als YouTube Star

Von Julia Beautx will Lena wissen, ob es ihr nicht peinlich war, sich im Netz zu zeigen. Schließlich hätte man sie dafür ja in der Klasse komisch angucken können. "Am Anfang hatte ich schon Angst, dass meine Mitschüler das rausfinden", gibt die 16-Jährige zu, "aber ich wollte zeigen, dass ich das kann. Ich habe das immer vor dem Spiegel geübt, und jetzt ist es ganz normal."

In der Lounge treffen wir auch "Die Lochis". Heiko und Roman Lochmann sind sogenannte "Klickmillionäre". Sie gehören mit ihren Liedparodien zu Deutschlands beliebtesten YouTubern. Für sie sind die Drehs schon jetzt mehr als ein Fulltimejob. Wenn die beiden in zwei Jahren die Schule verlassen, dann wollen sie vor allen Dingen mit eigener Musik Geld verdienen und denken dabei schon weit voraus in die Zukunft: "Da haben wir noch Bock drauf, denn das kannst du auch noch 30, 40 Jahre lang machen."

Die beiden Lochis sitzen hinter einem Tisch und geben Autogramme
Viele YouTube-Fans wollen "Die Lochis" sehenBild: picture alliance/dpa/H. Kaiser

Die Community braucht Frischfleisch

Das Internet ist schnellebig. Wer heute in ist, kann morgen schon out sein. Zwar sind die Kanäle der jungen YouTuber mittlerweile ein großer Markt für Produktplacement, doch auch die Werbeeinnahmen, die so manchem YouTuber ein Einkommen sichern, sprudeln nicht immer gleichmäßig, sagt der Geschäftsführer der VideoDays, Christoph Krachten. "Da kann man Millionen Abrufe haben und bekommt trotzdem nur so viel wie ein Hilfsarbeiter." Deshalb wollen viele Youtouber ganz herkömmlich ein Buch schreiben, einen Kinofilm drehen oder wie die Lochis ein eigenes Album rausbringen. "Alle Youtuber wissen, dass sie dann deutlich mehr verdienen", so Krachten.

Videodays Köln 2015. Publikum beim YouTuber-Konzert bejubelt die Stars auf der Bühne.
Fans außer Rand und Band beim großen Showact der VideoDaysBild: DW/G. Reucher

Ein Sprungbrett für Musik- und Comedytalente ist der "ShowDay", der 2. Tag der VideoDays. Auch die Lochis sind mit dabei. Die Fans kreischen so laut, dass ich mir die Ohren zuhalten muss. Aber egal, ob Newcomer oder Video-Stars auf die Bühne kommen, die Fans empfangen nahezu jeden mit der gleichen Euphorie. Und als der Moderator fragt, wie viele Eltern in der Halle sind, geht ein fast ebenso lautes Gröhlen durch die Menge.

YouTube will neue Zielgruppen erreichen

Das ist ein netter Gag, aber vielleicht auch Kalkül, denn Christoph Krachten ist nicht nur auf der Suche nach kreativen Ideen und neuen Formaten. Auch neue Zielgruppen hat er im Visier: "Die ganze Branche sucht einen Weg, auch das ältere Publikum zu erreichen." Er selbst hat einen Wissenschaftskanal, der 18- bis 34-Jährige anspricht. "YouTube ist ein Massenmedium, das im Moment noch vor allen Dingen die junge Zielgruppe erreicht. Aber die Nutzergruppe der 30- bis 50-Jährigen wird jedes Mal nach den VideoDays etwas stärker."

Die Suche nach ernsten Inhalten, witzig verpackt für ein erwachsenes Publikum, ist nicht ganz einfach. Auch YouTuber "Mr. Trashpack", der in seinen "Wuzzup"-News einmal in der Woche das Neueste aus der YouTuber-Szene zusammenfasst, wünscht sich mehr Vielfalt.

"Wir haben ein kleines Qualitätsproblem in Deutschland, was YouTube angeht", meint der 25-jährige "Opi" unter den YouTubern. "Wir haben einfach zu viel von diesem Challenge-Stuff, Gaming und Beauty-Zeug. Das hat seine Berechtigung, aber ich finde, die Vielfalt, die fehlt momentan." Er selbst hat deshalb einen aufwändigen Clip zum Thema Behinderung gedreht und in den Kommentaren gemerkt, dass bei diesem Thema noch viel Aufklärung nötig ist.

Mr. Trashpack sitzt zum Interview auf einem roten Sessel.
"Mr. Trashpack" hatte vor fünf Jahren die Idee zu den VideoDaysBild: DW/G. Reucher

Eine gute Show und viele Autogramme

Lena ist mir beim großen Showact zwar nicht körperlich, aber doch geistig abhanden gekommen. Permanent hält sie ihr Handy hoch - für Fotos, versteht sich. Für sie waren die Tage ein voller Erfolg. Allein sieben Autogramme hat sie ergattert und ihr Favorit Julien Bam hat einen Award für die beste Performance bekommen. Die Show, eine Mischung aus Musikperformances und Videoclips, macht auch mir Spaß. Ob ich mir aber deshalb in Zukunft mehr Videos angucken werde, wo in der Minute über 400 Stunden neues Material bei YouTube hochgeladen werden? Ich weiß nicht. Schließlich habe ich ja eine 14-jährige Tochter, und ich bin sicher, die wird mich auch in Zukunft über alle YouTube-Neuigkeiten auf dem Laufenden halten.