Zverev im Halbfinale der Australian Open
29. Januar 2020Wer ist der Mann, der haargenau so aussieht wie Alexander Zverev, genauso gut Tennis spielt, wie es Alexander Zverev in seinen besten Phasen vermag, sich aber auf dem Platz gar nicht mehr so gebärdet wie Alexander Zverev es zuletzt getan hat?
Nun, es muss doch Alexander Zverev selbst sein, allerdings hat sich zwischen dem Zverev, der Anfang des Jahres beim ATP-Cup noch als "Tennis-Rüpel" unangenehm auffiel und der Australian-Open-Version des aktuell besten Tennisspielers Deutschlands ein Wandel vollzogen. Ruhig, konzentriert, auch von schwachen Phasen innerhalb eines Matches unbeeindruckt geht der 22-Jährige seinen Weg durch das erste Grand-Slam-Turnier des Jahres. Nach dem 1:6, 6:3, 6:4, 6:2-Erfolg über den Schweizer Stan Wawrinka steht Zverev erstmals im Halbfinale eines der vier wichtigsten Turniere. Sein Ziel: Er möchte ins Finale - und vor allem: Er will auf dem Weg dorthin keinen Tennisschläger mehr zertrümmern.
Zverev: "Ich werde älter"
So langsam verstehe er den Spruch, in der Ruhe liege die Kraft, sagte Zverev nach dem Sieg gegen Wawrinka, schränkte aber direkt ein: "Es wird immer noch passieren, dass ich einen Schläger kaputt mache, aber hoffentlich nicht diese Woche." Ob es Grund gibt, für die plötzliche Wandlung? "Vielleicht werde ich älter. Ich habe versucht, das zu ändern."
Stand jetzt ist es ihm geglückt - und der Erfolg gibt ihm Recht. Denn Zverevs Viertelfinal-Premiere bei den Australian Open begann alles andere als nach Wunsch: Mit 1:6 gab er den ersten Satz ab. Er blieb ruhig, konzentrierte sich fortan auf seine Stärken und nahm Wawrinka, der in Melbourne 2014 den Titel gewann, das Match mehr und mehr aus der Hand. Mit 6:3 und 6:4 gingen die nächsten beiden Sätze an den Deutschen. Der vierte und letzte Satz wurde dann fast schon zu einer Demonstration. Zverev gelang direkt ein Break zum 1:0, dann nach gewonnenem eigenen Aufschlag das nächste zum 3:0. Zwar brachte Wawrinka danach seinen Aufschlag jeweils durch, hatte aber im gesamten Satz keinen einzigen Breakball. So hieß der verdiente Sieger am Ende Alexander Zverev.
"Es fühlt sich genial an. Ich weiß nicht, was ich sagen soll", kommentierte Zverev noch auf dem Platz, als er nach seinem Erfolg von Tennis-Legende John McEnroe interviewt wurde. "Ihr könnt euch nicht vorstellen, was mir das bedeutet. Ich hoffe, es ist das erste von vielen Malen."
Duell mit Dominic Thiem
In der Runde der letzten Vier trifft Zverev nun auf Dominic Thiem, einen guten Freund. Der Österreicher setzte sich am späten Abend von Melbourne in einem engen Match mit 7:6 (7:3), 7:6 (7:4), 4:6 und 7:6 (8:6) gegen Rafael Nadal aus Spanien durch. "Ich hoffe, sie spielen sechs Stunden", hatte Zverev vor dem Match im Scherz gesagt. Es wurden dann 4:10 Stunden. Doch auch die waren anstrengend genug - besonders mental. Möglicherweise ein Vorteil für Zverev?
Der freute sich zunächst erstmal, überhaupt im Halbfinale zu stehen, unabhängig vom späteren Gegner. Allerdings: Der glücklichste Tag in seinem Leben sei es trotz Halbfinal-Premiere nicht. "Wenn ich ins Finale komme, wird das der glücklichste Tag in meinem Leben sein."