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Formel-1-Rüpel ohne Einsicht

Andreas Sten-Ziemons (mit sid, dpa)2. September 2016

Vor dem Rennen in Monza muss Max Verstappen wegen seiner Manöver in Spa zum Rapport. Er erhält nur eine leichte Verwarnung. Seine Kollegen würden den 18-Jährigen gerne "erziehen" - doch die Kritik perlt einfach ab.

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Max Verstappen mit Helm in der Box (Foto: picture-alliance/AP Photo/A. Calanni)
Bild: picture-alliance/AP Photo/A. Calanni

Als Max Verstappen erfuhr, dass die anderen Formel-1-Fahrer, allen voran Sebastian Vettel und Nico Rosberg, dem Jüngsten ihrer Zunft mit deutlichen Worten ins Gewissen reden wollten, machte der 18-jährige Niederländer sehr deutlich, was er von den Einlassungen seiner Kollegen hielt. "Nur weil andere Piloten mir sagen, dass ich meinen Stil ändern soll, werde ich das doch nicht tun", sagte der Red-Bull-Pilot vor dem Großen Preis von Italien.

Verstappen stand seit dem vergangenen Rennen in Spa im Fokus. Auf der schnellen und bergigen Strecke in den belgischen Ardennen quetschte er sich direkt nach dem Start ganz innen neben den beiden Ferrari in die erste Kurve. Verstappen verursachte so eine Kollision, bei der alle drei Autos so stark beschädigt wurden, dass sie anschließend in die Box mussten und viel Zeit verloren. Diese Aktion hätte man noch als normalen Rennunfall abtun können, doch später im Rennen, als Ferrari-Pilot Kimi Räikkönen Verstappen im Nacken saß und zum Überholen ansetzte, überraschte Verstappen den Finnen erneut. Mit einem plötzlichen Spurwechsel bei Tempo 320 zwang er Räikkönen dazu, sein Überholmanöver abrupt abzubrechen, um einen schlimmen Unfall zu verhindern.

Formel 1, Spa, Duell zwischen Max Verstappen und Kimi Raikkonen (Foto: picture-alliance/DPPI Media/F. Gooden)
In Spa zwang Verstappen (l.) Räikkönen zum Ausweichen - der Finne kam von der Strecke ab und verlor Boden und ZeitBild: picture-alliance/DPPI Media/F. Gooden

Konsequenzen hatte die gefährliche Aktion nicht - Rennleiter Charlie Whiting beließ es stattdessen bei einer "freundlichen Warnung", die er bei einem Treffen mit Verstappen in Monza am Freitag noch einmal wiederholte. Im Wiederholungsfall droht Verstappen nun die schwarz-weiße Flagge für unsportliches Verhalten. Diese wird nur einmal gezeigt, bevor ein Fahrer die schwarze Flagge sieht und disqualifiziert wird. Whiting hatte dem 18 Jahre alten Piloten ein Video von dessen Manövern im Rennen von Spa gezeigt und ihm erklärt, was schief gelaufen sei.

Lauda: "Fall für die Psychatrie"

Viele von Verstappens Kollegen hatten dessen Aktionen nicht so gelassen gesehen: "Wenn jemand bei 320 in die Eisen steigen muss, um einen Unfall zu vermeiden, dann müssen wir ernsthaft diskutieren", sagte Mercedes-Pilot Nico Rosberg. Es werde nicht mehr lange dauern, bis der Shootingstar einen heftigen Unfall auslösen werde, prophezeite "Verstappen-Opfer" Räikkönen. Der dreimalige Weltmeister Niki Lauda wetterte direkt nach dem Rennen in Spa, Verstappen gehöre in die Psychatrie, wenn er sein Fehlverhalten nicht einsehe. "Die aggressive Fahrweise, dieses Zucken, das geht nicht", erklärte Lauda im TV-Sender RTL. "Das hat er schon in Ungarn gemacht. Du kannst nicht dauernd die Spur wechseln."

Der Red-Bull-Pilot selbst verstand die Kritik an seinem harten Fahrstil nicht, oder gab zumindest vor, es nicht zu tun. Schließlich setze er bloß eine wichtige Tradition in der Königsklasse fort. "Ich glaube, das gehört zur Formel 1", sagte der viel kritisierte Niederländer. "Michael Schumacher hat das auch so gemacht - und jetzt ist er siebenmaliger Weltmeister, oder nicht?" Auch Verstappens Rennstall stellte sich nach dem Belgien-Grand-Prix demonstrativ vor seinen Fahrer: "Endlich gibt es wieder spannende Rennen mit Zweikämpfen, und dann wird wieder herumgemeckert", sagte Helmut Marko, Motorsportberater bei Red Bull: "Ich weiß nicht, was die Leute wollen."

In Tradition von Schumacher und Senna?

Tatsächlich gibt es nicht wenige Formel-1-Fans, die sich darüber freuen, dass mit Verstappen wieder jemand Reizpunkte in der Rennserie setzt, die in den vergangenen Jahren der Mercedes-Dominanz an Attraktivität verloren hat. Er bringt ein wenig der alten Identität der Königsklasse des Motorsports zurück.

Formel 1 - Unfall Michael Schumacher und Villeneuve (Foto: picture-alliance/ASA/LAT Photographic)
1997 provozierte Schumacher einen Crash mit Jacques Villeneuve - der Deutsche wurde bestraft und verlor alle WM-PunkteBild: picture-alliance/ASA/LAT Photographic

Harte Zweikämpfe, Fahren am Limit, risikoreiche Duelle Rad an Rad - davon hat die Formel 1 lange gelebt. Verstappen erinnert an andere große Fahrer, die in jungen Jahren durch kompromissloses Verhalten auffielen, Kritik ignorierten, anschließend aber ihren Weg machten und den Sport dominierten.

Michael Schumacher und Ayrton Senna, auch Lewis Hamilton sind Beispiele. "Max konzentriert sich auf seinen Job und lässt sich nicht von Nebengeräuschen einschüchtern", kommentiert Red-Bull-Teamchef Christian Horner das Verhalten seines Fahrers. "Das zeichnet ihn aus als großes Talent und als Star der Zukunft." Dennoch, der Generationenkonflikt im Fahrerlager ist im vollen Gange.