Versprechen muss man halten
1. Oktober 2010Da gibt es für mich überhaupt keinen Zweifel: Der Solidaritätszuschlag kann nicht mal eben ausgesetzt werden. Das Versprechen an die Menschen in den neuen Bundesländern lautet: gleiche Lebensverhältnisse in Ost und West. Und genau davon ist der Osten Deutschlands noch weit entfernt.
Das mag auf den ersten Blick anders erscheinen, wenn man durch die sanierten Innenstädte zwischen Rostock und Dresden spaziert. Doch auch ein Blick auf die nackten Zahlen ist nötig: Das Nettovermögen privater Haushalte ist im Westen doppelt so hoch wie im Osten. Genau umgekehrt verhält es sich bei der Arbeitslosenquote: Ost: 14,5 Prozent, West: 7,8 Prozent.
Die Folge: Bald zwei Millionen, vornehmlich junge Menschen, haben ihrer ostdeutschen Heimat den Rücken gekehrt und mitgeholfen, den Fachkräftemangel in den Industriezentren Westdeutschlands zu mildern.
Wo Industrie und Fachkräfte fehlen, dort sind die neuen Länder: Ihr Anteil am gesamtdeutschen Bruttoinlandsprodukt beträgt gerade mal 12 Prozent. Und weil durch diese geringe Wirtschaftsleistung eben nicht genug Steuern in die Kassen kommen, können die öffentlichen Ausgaben in den ostdeutschen Bundesländern nicht annähernd gedeckt werden.
Deswegen brauchen wir weiterhin den Soli. Und um mal ein Gefühl für die Dimensionen zu bekommen: Diese Sonderabgabe hat in den zurückliegenden Jahren 200 Milliarden Euro gebracht. Verglichen mit dem Bankenrettungsschirm ist das ein Klacks. Der Soli ist ein Beitrag, der keinen überfordert. Aber er ist etwas, worauf dieses Land stolz sein kann. Klar, man hätte es auch "Sonderabgabe Ost" nennen können. Aber ihre Erfinder haben es Solidaritätszuschlag genannt. Und das trifft den Nagel auf den Kopf. Es ist eine Abgabe, mit der alle Deutschen - in West wie in Ost - dieses wunderbare Werk der Wiedervereinigung ihres fast vier Jahrzehnte geteilten Vaterlandes finanziell unterstützen. Man sollte sich das immer wieder ins Gedächtnis rufen.
Es sind nur noch neun Jahre, dann läuft der Soli aus. Wenigstens soviel sollte uns die Sache wert sein.
Autor: Henrik Böhme
Redaktion: Kay-Alexander Scholz