Vermisste: Bisher über 7.000 Opfer in Bosnien-Herzegowina identifiziert
28. April 2005In Tuzla haben sich Vertreter der Internationalen Kommission zur Suche Vermisster (ICMP) mit Vertretern der beiden Vermisstenkommissionen aus den beiden Entitäten von Bosnien und Herzegowina getroffen. Der Vorsitzende der ICMP, James Kimsey, erklärte, das Projekt des ICMP stelle den ersten Versuch weltweit dar, die genaue Zahl der Vermissten nach einem militärischen Konflikt festzustellen. "ICMP hat über 68.000 Blutproben genommen, die über 25.000 vermissten Personen zugeordnet werden können. Wir haben 14.300 Knochenreste analysiert und 11.481 einzelne DNA-Profile erhalten. Wir haben ferner 10.005 DNA-Untersuchungen für die Zuweisungen abgeschlossen und dadurch 7.254 Opfer identifiziert."
Besonderer Zeitpunkt
Der Besuch des Vorsitzenden der ICMP in Bosnien und Herzegowina stellt eine wichtige Unterstützung für die Bemühungen zur Suche nach Vermissten dar. Besondere Bedeutung wird dem Besuch beigemessen, weil er einen Tag nach der Unterzeichnung eines Vertrages zwischen den zuständigen Institutionen und der Zentralregierung stattfindet, nach dem ein staatliches Institut zur Suche nach Vermissten gegründet werden soll.
Über ethnische Grenzen hinaus
Der Vorsitzende der föderalen Kommission zur Suche Vermisster, Amur Masovic, betonte, dass das Institut sehr verantwortungsbewusst arbeiten werde, und das nicht nur im Interesse der einen oder anderen ethnischen Gemeinschaft im Lande. "Das Institut wird gegenüber den Angehörigen der vermissten Personen verantwortlich sein, und zwar völlig unabhängig davon warum, wann und wo sie gestorben sind. Das heißt, unsere Kollegen aus Banja Luka werden genauso verantwortlich für die Opfer von Srebrenica sein, wie wir aus der Föderation von Bosnien und Herzegowina für die Opfer von Ozren," so Masovic.
Vorbeugung gegen widersprüchliche Interpretationen
Der Vorsitzende der Vermisstenkommission der Republika Srpska, Milan Bogdanic, glaubt, dass die Schaffung eines gemeinsamen gesamtstaatlichen Instituts erhebliche Vorteile hat. "Vor allem ist es natürlich ein vorrangiges humanitäres Problem, aber auch ein strafrechtliches Problem. Der Politisierung der Daten über Opfer durch verschieden interpretierte Opferstatistiken kann so vorgebeugt werden," sagte Bogdanic. Gerade wegen widersprüchlicher Interpretationen der Zahl der Opfer gibt es in Bosnien und Herzegowina gerade jüngst wieder vermehrt Spannungen. Schließlich gibt es und nach Angaben des ICMP auf dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawien seit der Kriege der 90er Jahre noch immer über 20.000 Vermisste.
Zoran Matkic
DW-RADIO/Bosnisch, 27.4.2005, Fokus Ost-Südost