Chicago: Verhaftung nach Facebook-Foltervideo
6. Januar 2017Auf dem 30-minütigen Video ist zu sehen, wie der 18-Jährige mit zugeklebtem Mund in einer Ecke sitzt, seine Hände und Beine waren offenbar gefesselt. Die Kleidung des Opfers ist an einer Stelle zerschnitten, sein Haar an einer Stelle bis auf die Kopfhaut zurück geschnitten, die eine blutende Wunde aufweist.
Nach Angaben der Ermittler dauerte das Martyrium mindestens sechs Stunden. Die Festgenommenen, zwei Frauen und zwei Männer, hätten zugegeben, ihr Opfer geschlagen, getreten und gezwungen zu haben, Wasser aus der Toilette zu trinken, sagte Chicagos Polizeichef Kevin Duffin. Nach seinen Angaben zeigte keiner der Verdächtigen Reue. Das Ganze spielte sich nach Polizeiangaben in der Wohnung der zwei Schwestern ab. Als diese die Tür einer Nachbarin eingetreten hätten, die wegen Lärms die Polizei gerufen habe, sei das Opfer geflohen. Beamte hätten den verletzten jungen Mann auf der Straße entdeckt.
Opfer ist traumatisiert
Einen der Männer habe das Opfer aus der Schule gekannt. Deshalb sei es freiwillig mit seinen Peinigern mitgegangen. Insgesamt soll der Behinderte zwischen 24 und 48 Stunden mit ihnen verbracht haben. Er konnte inzwischen das Krankenhaus verlassen, ist aber laut Polizei schwer traumatisiert und zu einer Aussage kaum in der Lage.
Allen vier würden Hassverbrechen sowie schwere Entführung, schwere Freiheitsberaubung und schwere Körperverletzung mit einer tödlichen Waffe vorgeworfen, so die Polizei. Hauptgrund für den Vorwurf des Hassverbrechens seien Bemerkungen der mutmaßlichen Täter über die geistige Behinderung des Opfers, erklärte ein Sprecher.
Rassismusvorwürfe
Das Video sorgte landesweit für Entsetzen und Empörung. US-Präsident Barack Obama sprach von einer "abscheulichen" Tat. Es träten nun "viele Probleme" zutage, "die schon seit langem bestehen", sagte er unter Verweis auf die Übertragung im sozialen Netzwerk Facebook.
In dem Video ist auch zu hören, wie die Afroamerikaner über Weiße sowie über den künftigen US-Präsidenten Donald Trump schimpfen. Obwohl über die Täter und ihr Opfer nur wenig bekannt ist, sprachen ultrakonservative US-Medien rasch von einem Angriff auf einen weißen Trump-Anhänger, begangen von jungen Schwarzen in Verbindung mit Black Live Matters, der Protestbewegung gegen exzessive Polizeigewalt gegen Afroamerikaner. Der als besonders radikal bekannte Vertreter der Rechten, Moderator Glenn Beck, forderte auf Twitter eine Strafe für das "Verprügeln eines behinderten Trump-Unterstützers durch Black Lives Matter".
Der schwarze Bürgerrechtler Jesse Jackson wies die Anschuldigungen umgehend zurück. Das brutale Video habe nichts "mit unserem Bürgerrechtskampf zu tun", sagte er. "Niemand stimmt dieser irsinnigen und barbarischen Grausamkeit zu", fügte er hinzu. Die Tat bezeichnete er als "Zusammenbruch von Werten und Ideen".
cgn/sti (afp, dpa)