Verdi zwingt Ryanair in die Knie
27. März 2019Das Kabinenpersonal von Ryanair in Deutschland darf sich über stark verbesserte Arbeitsbedingungen freuen. Die Gewerkschaft Verdi verkündete das Verhandlungsergebnis, wonach Flugbegleiterinnen und Flugbegleiter ein 600 Euro höheres Monatsgrundgehalt erhalten. Ryanair gab zunächst keine Stellungnahme ab. Es gilt als großer Erfolg, dass die Airline sich überhaupt auf diesen ersten Tarifvertrag nach deutschem Sozial- und Arbeitsrecht eingelassen hat. Die Beschäftigten hatten sie mit einer Reihe von Streiks zu diesem Schritt gezwungen.
Lohnfortzahlung, Garantien, Abfindungen
Der Tarifvertrag gilt rückwirkend ab November 2018 bis Ende März 2021. Darin wurde vereinbart, dass das Kabinenpersonal im Krankheitsfall weiter Lohn erhält. Außerdem garantiert Ryanair den Beschäftigten künftig mindestens 600 Arbeitsstunden pro Jahr. Die Billigfluggesellschaft zahlt über das Grundgehalt einen großen Teil der Löhne variabel je nach Arbeitseinsatz aus - bislang gab es keine Garantie, dass die Mitarbeiter aber auch wirklich eingesetzt wurden. Beim leistungsabhängigen Teil des Lohns handelte die Gewerkschaft Verdi ein Plus von nochmals bis zu 250 Euro monatlich aus. Außerdem sollen Beschäftigte eine Abfindung erhalten, wenn die Airline Flugzeuge von deutschen Standorten abzieht.
Ein Wermutstropfen bleibt
Mit dem Tarifvertrag erfüllt sich eine zentrale Forderung der Beschäftigten - auf einen Betriebsrat müssen sie jedoch weiter warten. Arbeitsminister Hubertus Heil hatte mit einer Gesetzesänderung im Dezember sichergestellt, dass Ryanair ihnen die Gründung einer Arbeitnehmervertretung nicht weiter verbieten kann. Jetzt versuche Ryanair allerdings "erneut, sich der Verantwortung zu entziehen", kritisierte Verdi-Bundesvorstandsmitglied Christine Behle. Das Argument der Fluggesellschaft laute, keinen Betrieb in Deutschland zu haben, und somit nicht unter das Gesetz zu fallen. Verdi akzeptiere diese Argumentation keinesfalls.
Ryanair beschäftigt nach Angaben 14.000 Mitarbeiter und fliegt mehr als 200 Ziele in 37 europäischen und nordafrikanischen Ländern an. Das von Michael O'Leary geführte Unternehmen steht unter Druck, seit sich die internationalen Beschäftigten zunehmend vernetzen und Arbeitnehmerrechte erkämpfen. Wegen Streiks im vergangenen Jahr in mehreren europäischen Ländern musste die Fluggesellschaft hunderte Flüge streichen. Im noch laufenden Geschäftsjahr, das Ende März endet, rechnet Ryanair mit dem ersten Gewinnrückgang seit fünf Jahren.
ehl/rb (dpa, afp, rtr)