Papst trifft acht irische Missbrauchsopfer
25. August 2018Papst Franziskus hat bei seinem Besuch in Irland acht Missbrauchsopfer getroffen. Franziskus kam mit "Überlebenden" zusammen, die von Mitgliedern des Klerus, Mönchen und Vertretern der katholischen Institutionen missbraucht worden seien, teilte Vatikan-Sprecher Greg Burke mit. Darunter sei auch das ehemalige Mitglied der Päpstlichen Kinderschutzkommission, Marie Collins, gewesen. Collins war vergangenes Jahr nach eigenen Angaben aus Frustration über mangelnde Kooperation der vatikanischen Behörden aus dem Gremium ausgetreten. Die Begegnung habe eineinhalb Stunden gedauert, so Burke weiter. Weitere Details wurden nicht bekannt.
"Mit diesen abscheulichen Verbrechen angemessen umgehen"
Zuvor hatte der Papst den Missbrauch Minderjähriger durch Geistliche verurteilt. Er könne nicht umhin, "den schweren Skandal anzuerkennen, der in Irland durch den Missbrauch von Minderjährigen durch Mitglieder der Kirche verursacht wurde, die beauftragt waren, sie zu schützen und zu erziehen", sagte das katholische Kirchenoberhaupt in seiner ersten Rede im Dublin Castle unter anderem vor Mitgliedern der Regierung und Kirchenvertretern.
Franziskus beklagte, dass kirchliche Autoritäten versäumt hätten, "mit diesen abscheulichen Verbrechen angemessen umzugehen". "Die Kirche in Irland hat in der Vergangenheit und in der Gegenwart eine Rolle bei der Förderung des Wohlergehens von Kindern gespielt, die nicht verdunkelt werden darf", sagte der Pontifex, der in der Bischofskirche St. Mary's für die Missbrauchsopfer betete. Die Seitenkapelle der Kirche ist dem Gedenken an die missbrauchten Minderjährigen gewidmet. Franziskus verweilte dort minutenlang schweigend.
Einfluss für Gerechtigkeit nutzen
Regierungschef Leo Varadkar rief Franziskus unterdessen dazu auf, seinen Einfluss zu nutzen, um für "Gerechtigkeit und Wahrheit" in den Missbrauchsfällen der katholischen Kirche in Irland und weltweit zu sorgen. Den Worten müssten Taten folgen. Die Wunden seien noch immer offen. "Wir bitten Sie, den Opfern und Überlebenden zuzuhören. Wir wissen, Sie werden das tun."
Zuvor hatte Staatspräsident Michael Higgins den Papst begrüßt. Anschließend hatte sie sich zu einer privaten Unterredung zurück gezogen, in der auch das Missbrauchsthema zur Sprache kam. Der 77-jährige Higgins hat eine besondere Neigung für Lateinamerika und spricht auch Spanisch. Politisch gilt er als einem Sozialismus lateinamerikanischer Prägung verbunden. Das Heimatland des 81 Jahre alten Papstes ist Argentinien.
Franziskus hält sich bis Sonntagabend in Irland auf. Anlass der Reise ist das neunte katholische Weltfamilientreffen in Dublin, das bereits am Dienstag begonnen hat. Nach seiner Rede vor Regierungsvertretern und Würdenträgern fuhr der Pontifex im Papamobil unter dem Jubel zehntausender Menschen zu weiteren Terminen in der irischen Hauptstadt. Auf dem Programm standen unter anderem ein Treffen mit Obdachlosen und eine Feier mit Familien im Croke-Park-Stadion in Dublin. Am Sonntagnachmittag feiert der Papst die Abschlussmesse mit bis zu 500.000 Teilnehmern im Phoenix Park.
Hoffnung auf Versöhnung
Irlands Gesundheitsminister Simon Harris hatte den Papstbesuch zuvor mit "gemischten Gefühlen" beobachtet. Viele seien aufgeregt, andere empfänden Schmerz, schrieb der Politiker auf Twitter. Er hoffe, dass der Besuch des Kirchenoberhauptes "Versöhnung und Heilung" bringe.
Mittlerweile ist es Jahrzehnte her, dass in Irland die ersten Missbrauchsvorwürfe gegen Priester der katholischen Kirche erhoben wurden. Seitdem haben mehr als 14.500 Menschen Entschädigung wegen sexuellen Missbrauchs zwischen den Jahren 1936 und 1970 beantragt. Franziskus zeigte sich entsprechend demütig in Irland. Das Fehlverhalten sei "abstoßend". Er könne den "schweren Skandal", den Mitglieder der Kirche begangen haben, "nicht außer Acht lasen".
Heime wie Strafanstalten
In Irland sieht sich Papst Franziskus aber auch mit weiteren Skandalen der Kirche konfrontiert. So wurden in Irland unter anderem Tausende schwangere Frauen in spezielle Heime für alleinstehende Mütter eingewiesen. Die Heime hatten jedoch meist den Charakter von Strafanstalten. 2014 legte die irische Historikerin Catherine Corless eine Studie vor, wonach in einem Heim in Tuam zwischen 1925 und 1961 insgesamt 797 Kinder starben und in nicht gekennzeichneten Massengräbern verscharrt wurden.
Zudem wurde erst in jüngster Vergangenheit das ganze Ausmaß von illegalen und gefälschten Adoptionen klar, die staatliche Stellen zusammen mit der Kirche ermöglicht hatten. Die Adoptionseinrichtung eines Ordens namens "Sisters of Charity" etwa fälschte einer in diesem Jahr veröffentlichten Untersuchung zufolge die Geburtsurkunden von mindestens 126 Kindern, die von unverheirateten Müttern geboren worden waren. Mit den Fälschungen sollte in den Jahren zwischen 1946 und 1969 verschleiert werden, dass diese Kinder von neuen Eltern adoptiert wurden.
jmw/sti (kna, afp, dpa)