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Vage Versprechungen

24. Oktober 2009

124 Seiten umfasst der Koalitionsvertrag von CDU/CSU und FDP. Er sieht Steuerentlastungen in Milliardenhöhe vor. Wo das Geld herkommen soll, ist jedoch unklar. Bettina Marx kommentiert.

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Themenbild Kommentar
Bild: DW

"Wir wollen das Land aus der Krise heraus zu einem neuen Aufbruch in das neue Jahrzehnt führen", heißt es in der Präambel zum Koalitionsvertrag, den Bundeskanzlerin Angela Merkel, CSU-Chef Horst Seehofer und der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle in Berlin der Öffentlichkeit vorstellten.

Wie das funktionieren soll, bleibt allerdings vage und gründet wohl hauptsächlich auf dem Prinzip Hoffnung. Auf der Hoffnung, dass die Konjunktur anzieht und die Wirtschaft sich rasch erholt, dass neue Arbeitsplätze entstehen und der Schuldenberg abgebaut werden kann. Doch dies sind eigentlich eher Illusionen als Hoffnungen. Eines ist schon jetzt sicher: die Staatsschulden werden weiter steigen, wenn die neue Regierung ihr Programm umsetzt. Schon zum 1. Januar 2010 will sie eine Steuerentlastung in Milliardenhöhe auf den Weg bringen. Insgesamt sollen die Entlastungen 24 Milliarden Euro pro Jahr betragen. Steuererhöhungen dagegen – etwa die Erhöhung der Mehrwertssteuer - schloss Bundeskanzlerin Merkel kategorisch aus.

Linke Tasche, rechte Tasche

Wo also soll das Geld herkommen? Die drei Parteivorsitzenden beschränkten sich auf wenig konkrete Floskeln. "Wir wollen den Weg des Wachstums beschreiten", sagten sie in der Bundespressekonferenz in Berlin und: "Man muss dynamisch denken". Der Bürger solle mehr Netto vom Brutto erhalten und Leistung müsse sich wieder lohnen.

Doch was die Regierung dem Bürger im nächsten Jahr in die eine Tasche reinstecken will, das wird sie ihm aus sämtlichen anderen Taschen wieder herausziehen. Dabei werden sich Entlastungen und Mehrbelastungen kaum die Waage halten. Am Beispiel der Neuausrichtung des Gesundheitssystems wird deutlich, wohin die Reise gehen wird: die soziale Sicherung wird zunehmend privatisiert und die Gesellschaft dadurch entsolidarisiert. Der geplante Umbau der Krankenversicherung, der im Jahr 2011 beginnen soll, sieht vor, dass Beitragssteigerungen in Zukunft nur noch von den Arbeitnehmern zu bezahlen sind. Darüber hinaus sollen die Bürger zwangsverpflichtet werden, eine zusätzliche private Pflegeversicherung einzugehen.

Konjunkturprogramm für Versicherer

Die Versicherungswirtschaft dürfte es freuen. Sie wird in der Zukunft Millionen neue Verträge abschließen können. Die Beitragszahler dagegen dürfte es schütteln, wenn sie daran denken, wie in den USA Millionen Rentner, die in kapitalgedeckte Versicherungen eingezahlt haben, durch die Finanzkrise und den sorglosen Umgang der Versicherungskonzerne mit ihren Einlagen in die Armut gestürzt wurden.

Wird am Ende also der Umstieg vom deutschen paritätisch finanzierten Umlagesystem auf das amerikanische kapitalgedeckte System stehen? Wird der Umbau der Gesellschaft, begonnen unter rot-grün und fortgesetzt unter schwarz-rot, also fortgesetzt werden?

Die Koalitionäre, die da am Samstag Vormittag gut gelaunt vor die Presse traten, wollten allen Anschein vermeiden, dass sie eine Regierung der sozialen Kälte bilden werden.

Man setze auf Wachstum und soziale Gerechtigkeit, betonten alle drei Parteichefs. Man brauche einen solidarischen Ausgleich für soziale Härten und wolle alle bestehenden Ungerechtigkeiten ausräumen. Dies sind die Versprechen, mit denen schwarz-gelb nun antritt. An der Einlösung dieser Versprechen müssen sie gemessen werden. Der Bürger kann nur hoffen, dass er dabei von einer schlagkräftigen Opposition unterstützt wird.

Autor: Bettina Marx

Redaktion: Martin Scharder