Utopie und Untergang: DDR-Kunst im Düsseldorfer Kunstpalast
30 Jahre nach dem Mauerfall kommen verschiedene DDR-Künstler in einer Gesamtschau im Düsseldorfer Kunstpalast zusammen. Das Museum will mit der Ausstellung alte Vorurteile überwinden.
Wolfgang Mattheuer: Die Flucht des Sisyphos (1972)
Wolfgang Mattheuer war einer der bekanntesten Künstler der DDR. Seine im Stil der neuen Sachlichkeit gemalten und symbolisch aufgeladenen Bilder waren auch außerhalb der DDR präsent, auf der documenta ebenso wie auf der Biennale von Venedig. Mattheuers Figuren, Landschaften und Szenen aus der klassischen Mythologie eröffnen viele Deutungsmöglichkeiten. Wovor flieht wohl dieser Sisyphos?
Carlfriedrich Claus: Beginn eines Briefs an Prof. Will Grohmann (1963)
Carlfriedrich Claus (1930-1998) entstammte einer Buch- und Kunsthändlerfamilie. Vielleicht interessierte er sich deshalb schon früh für Sprache und Schrift. Von den 1950er Jahren an experimentierte er mit "Lautprozessen" auf Tonband und entwarf in handschriftlichen "Sprachblättern" komplexe Schrift- und Zeichenwelten, wie in diesem Briefanfang an Prof. Will Grohmann.
Gerhard Altenbourg: Ecce Homo I (Der sterbende Krieger) (1949)
Gerhard Altenbourg hieß eigentlich Gerhard Ströch (1926-1989) und schuf surreale, poetische Werke, die sich gut verkauften. Sein Kunststudium in Weimar musste er abbrechen - wegen angeblicher "Amoralität seiner Motivwahl". Also arbeitete er freischaffend und nannte sich Altenbourg nach seiner thüringischen Heimatstadt Altenburg. Seinem "Ecce Homo" steht das Wasser bis zum Hals.
Hermann Glöckner: Schwarz und Weiß auf Blau (1957)
Jahrzehntelang war er nur wenigen Kennern ein Begriff. Erst eine Einzelausstellung im Dresdner Kupferstichkabinett 1969 machte Hermann Glöckner (1889-1987) schlagartig bekannt, auch jenseits der DDR-Grenzen. Hatten schon die Nazis wenig Gefallen an seiner abstrakten Malweise gefunden, so kritisierten jetzt die DDR-Oberen seine informelle Kunst, die weit entfernt war vom Sozialistischen Realismus.
Cornelia Schleime: o.T. (1986)
Cornelia Schleime (geb. 1953) zählt zu den Jüngeren in der Düsseldorfer Schau. Nach einer Friseurlehre und dem Studium zur Maskenbildnerin studierte sie in Dresden Grafik und Malerei. Doch schon kurz nach ihrem Abschluss erhielt sie Ausstellungsverbot. Den DDR-Kulturbürokraten missfiel ihr weit gefasster Kunstbegriff, zu dem sie neben Fotografien auch Performances, Filme und Punk-Musik zählte.
A.R. Penck: Der Übergang (1963)
Ein Mann balanciert über einen brennenden Steg. A.R. Pencks (1939-2017) vielsagende Motivwahl, die DDR-Obere als Kritik an den Verhältnissen verstanden, brachte ihm ein Ausstellungsverbot ein. Zuvor hatte man Penck, der eigentlich Ralf Winkler hieß, schon das Kunststudium verwehrt. 1980 schließlich bürgerte die DDR ihren missliebigen Künstler aus. Im Westen begann seine zweite Karriere.
Willi Sitte: Nach der Schicht im Salzbergwerk (1982)
Er war Maler und einflussreicher Kulturfunktionär. Nach frühen Arbeiten, die sich an Picasso orientierten, bekannte sich Willi Sitte (1921-2013) 1963 öffentlich zur Sozialistischen Einheitspartei (SED). Von da an stand der "sozialistische Mensch" im Mittelpunkt seiner expressiven, farbintensiven Bilder. Nach dem Mauerfall sah sich Sitte Stasi-Vorwürfen ausgesetzt.
Werner Tübke: Sizilianischer Großgrundbesitzer mit Marionetten (1972)
Auch Werner Tübke (1929-2004) galt in der DDR als regimenaher "Staatskünstler". Dennoch gehörte er nach der Teilnahme an der Kasseler documenta 6 von 1977 - als Teil der sogenannten Viererbande mit Willi Sitte, Wolfgang Mattheuer und Bernhard Heisig - im Westen zu den meist ausgestellten DDR-Künstlern.