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Auf lange Zeit verbunden

8. Dezember 2011

Der Abzug der US-Truppen aus Irak wird bis Ende 2011 abgeschlossen sein. Der Empfang des irakischen Ministerpräsidenten im Weißen Haus soll Normalität signalisieren. Doch es bleibt eine besondere Beziehung.

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US Soldat vor Irakischer Flagge
Ende des Jahres sollen die letzten US Soldaten Irak verlassenBild: AP Graphics

Bereits mit dem Irak-Besuch von Vizepräsident Joe Biden Ende November wollte die US-Regierung verdeutlichen: Dies ist der Beginn einer neuen Beziehung zu einem unabhängigen Irak. In Bagdad versicherte Biden: "Wir werden weiter unser Versprechen halten." Die letzten US-Soldaten sollen spätestens am 31. Dezember das Land verlassen haben. Doch die USA werden Irak danach nicht im Stich lassen, auch das war Bidens Botschaft: "Wir sind hier," sagte er weiter, "nur aus einem einzigen Grund: um bei der Entwicklung der Fähigkeiten dieses großartigen Landes zu helfen."

Dafür haben die USA in Bagdad die weltweit größte Botschaft gebaut. Darin werden, so erklärte der Vizepräsident, nicht nur die Diplomaten arbeiten, sondern auch "Experten in den Bereichen Handel, Landwirtschaft, Bildung, Gesundheitswesen, Verkehrswesen, Recht, Energie, Sicherheit". In allen diesen Gebieten werden die USA die Iraker weiterhin unterstützen. Aus der militärischen wird eine zivile Operation.

Militärischer Abzug läuft nach Plan

Anfang Dezember waren nur noch 8.000 Soldaten und 5.000 private Unternehmer im Irak im Einsatz. Das ist ein Bruchteil der insgesamt 300.000 Männer und Frauen, die 2007 im Auftrag der USA in Irak stationiert waren. Damals unterhielten die USA 505 Stützpunkte, jetzt sind es noch 5. Dafür sollen jetzt 700.000 irakische Sicherheitskräfte für die Sicherheit im Land sorgen.

In einer Pressekonferenz erinnerte kürzlich der stellvertretende kommandierende General der US-Streitkräfte im Irak, Generalleutnant Frank G. Helmick, daran, wie die Lage 2003 aussah: "Die Iraker hatten keine Armee, sie hatten keine Marine, sie hatten keine Luftwaffe." Nicht ohne Stolz erklärte er: "Wir haben ihr Militär aufgebaut." Auch Polizisten und Sondereinsatzkommandos haben die Amerikaner ausgebildet und mit amerikanischen Waffen und Gerät ausgerüstet.

Seit 2010, so der General, übernehmen die Iraker bei Sicherheitseinsätzen im Land das Kommando. Aber Helmick verschwieg auch nicht, dass die Iraker noch nicht alles im Griff haben: "Es gibt Sicherheitslücken: in der Sicherung der Lufthoheit, der beiden Ölplattformen und in der Koordinierung der verschiedenen Armeeteile für eine Außenverteidigung." Vor allem die Frage der Luftsicherung ist prekär. Die Iraker haben zwar die zivile Luftfahrt unter Kontrolle, besitzen aber keine Kampfflugzeuge und auch keine Überwachungsmöglichkeiten, um einen Angriff ihres Luftraums von außen rechtzeitig zu erkennen und darauf reagieren zu können.

US Truppenabzug aus Irak
Der US Truppenabzug könnte Sicherheitslücken hinterlassenBild: AP

Sicherung der Lufthoheit problematisch

Zwar ist der Kauf von 16 amerikanischen F-16 Kampfflugzeugen bereits vereinbart, aber die Jets werden nicht so schnell geliefert werden können. "Und wegen des Zustands der irakischen Luftwaffe wird [der Irak] für mindestens ein Jahrzehnt nicht in der Lage sein, die eigene Lufthoheit zu sichern, sagt Dr. Nora Bensahel, Sicherheitsexpertin des "Center for a New American Security" in Washington im Interview mit der Deutschen Welle. Wenn die Iraker es anfordern, könnten die USA diese Aufgabe übernehmen. Dazu müssten sie nicht unbedingt im Land stationiert sein, so Bensahel.

Doch die Frage der Luftsicherheit ist nicht die einzige, die deutlich macht, dass die Iraker nach Ansicht der Expertin nicht in der Lage sind, sich gegen Bedrohungen von außen zu wehren. Auch Generalleutnant Helmick hatte in seiner Pressekonferenz auf Sicherheitsbedrohungen von außen hingewiesen: "vom Iran unterstützte Milizen, El-Kaida, andere gewalttätige Extremistenorganisationen, auf die die Iraker einen ständigen Druck ausüben müssen." Hinzu kämen: ethnische Spannungen wie zwischen Sunniten und Schiiten sowie Arabern und Kurden. Und auch die Beziehungen zu Kuwait sind noch immer ungeklärt.

Sicherheitslage im Land eine Herausfoderung

Viel dringender, so Nora Bensahel, sei aber die Bedrohung innerhalb des Landes. Nicht nur die jüngste Serie von Bombenanschlägen, bei der schiitische Pilger getötet wurden, lässt Zweifel daran aufkommen, ob die Lage auch nach dem US-Abzug stabil bleiben wird. Generalleutnant Helmick wies darauf hin, dass es gegen die US-Truppen derzeit weniger als 50 gewalttätige Angriffe pro Woche gebe. 2007 waren es 1.600. Doch auch er konnte und wollte keine Prognose geben, wie sich die Sicherheitslage weiter entwickelt.

Der Sondergesandte für Irak des UN-Generalsekretärs, der Deutsche Martin Kobler, hatte bei der Vorlage seines Berichts vor dem UN-Sicherheitsrat diese Woche erklärt, dass es auch für den Schutz der Menschenrechte im Irak noch immer viel zu tun gebe. "Jeden Monat gibt es Berichte über durchschnittlich 600 bis 800 Vorfälle, die täglich zu mindestens 10 zivilen Opfern und vielen Verletzten führen", sagte er.

Kobler warnte davor, die Herausforderung bezüglich der Sicherheitslage zu unterschätzen. Der noch immer vorhandene bewaffnete Widerstand, die immer wieder durchgeführten Bombenanschläge mit vielen Opfern, seien "auch eine Herausforderung für die Leistung von UN-Hilfe vor Ort."

Verhandlungen über mögliche US-Truppenpräsenz erst 2012

Mehr als 1 Millionen US-Soldaten haben seit 2003 im Irak gedient. 1 Billion Dollar hat der Krieg gekostet, fast 4.500 US-Soldaten sind ums Leben gekommen. Die Amerikaner haben ein Interesse daran, dass diese Opfer nicht umsonst gewesen sind. Bereits jetzt ist vereinbart, dass US-Soldaten Iraker in gewissem Umfang weiter trainieren, zum Beispiel in der Bedienung der amerikanischen Waffen. Doch jede weitergehende Präsenz, jeder umfangreichere Einsatz muss erst noch verhandelt werden.

al-Maliki und Obama
Offiziell werden al-Maliki und Obama nicht über eine längere US Präsenz im Irak redenBild: AP

Nora Bensahel erwartet nicht, dass dies bei dem Treffen von US-Präsident Barack Obama und dem irakischen Ministerpräsidenten Nouri al-Maliki am Montag (12.12.) geschieht, jedenfalls nicht öffentlich, denn für Maliki sei es sehr wichtig, Wort zu halten, und auf dem Abzug der Truppen zu bestehen. "Ich weiß nicht, über welche Unterstützung sie hinter verschlossenen Türen verhandeln, aber die öffentlichen Verlautbarungen werden vor allem Bestätigungen des Bekenntnisses beider Länder sein, weiter zusammenzuarbeiten." Es sei vor allem ein symbolischer Besuch, der den Irakern die andauernde Unterstützung der USA versichern soll. Nach dem kompletten Abzug der US-Truppen werde es mehr politischen Handlungsspielraum für konkrete Verhandlungen geben.

Dass die USA den Irak auch weiterhin militärisch unterstützen, scheint keine Frage. Gleichgültig, wer im Irak an der Macht ist, so Nora Bensahels Einschätzung, er werde ein Interesse daran haben, dass die USA beispielsweise dabei helfen, den Luftraum zu sichern. "Und die USA haben ein Interesse daran", so die Expertin, "jede Art von Hilfe zu leisten, die die irakische Regierung anfordert."

Denn das sei "der Zeitraum, in dem sich zeigen wird, ob die achtjährige Intervention in Irak erfolgreich war und etwas hervorgebracht hat, was dauerhaft und nachhaltig ist." Zu lange dürfen die Verhandlungen über eine entsprechende US-Unterstützung aber nicht dauern. Denn die Gefahr ist groß, dass in der Zwischenzeit ein Sicherheitsvakuum entsteht und sich die Lage im Land dramatisch verschlechtert.

Autor: Christina Bergmann, Washington

Redaktion: Rob Mudge