Kein Klimawandel auf dem Stundenplan in den USA
21. April 2017Brandie Freeman unterrichtet an einer High School im südlichen US-Staat Georgia. Vor kurzem landete etwas Unerfreuliches in ihrem Briefkasten: Ein Buch, angeblich ein Handbuch für Lehrer, mit dem Titel "Warum sich Wissenschaftler über globale Erwärmung uneinig sind".
Es kam nicht überraschend. Freeman hatte schon von dem Buch gehört. Es wurde vom Heartland Institute - einer konservativen Denkfabrik, die den Klimawandel leugnet und Verbindungen zur Ölindustrie hat - veröffentlicht. Das Institut hat Berichten zufolge bereits im März 25.000 Exemplare an Lehrer im ganzen Land verschickt und will insgesamt 200.000 Bücher verteilen.
Laut Freeman haben die meisten ihrer Kollegen in "liberaleren" Staaten ihr Exemplar "direkt in den Papierkorb" geworfen. Aber in Georgia, ein Ort, den sie als "sehr konservativ" beschreibt, sei das Buch eine echte Gefahr.
"Sobald du deinen Schülern auch nur ein bisschen die Möglichkeit eröffnest, dass es unter den Wissenschaftlern Zweifel gibt - die nicht existieren - dann sagst du ihnen, dass es ok ist, auf klimaskeptische Webseiten zu gehen."
Deswegen hat sie das gesamte Buch auseinandergenommen und einen Leitfaden für Lehrer geschrieben, der auf Ungenauigkeiten und falsche Behauptungen hinweist und sie richtig stellt. Den Leitfaden hat sie auf ihrem Blog "Sustainable Schoolteacher", die nachhaltige Lehrerin, veröffentlicht. "Ich musste es herunterbrechen und zeigen, wie das Buch absichtlich in die Irre führt", sagte sie gegenüber der DW.
Das Buch könnte auf fruchtbaren Boden schlagen, befürchtet Freeman: "Zum Beispiel glaubt der Lehrer im Klassenzimmer gegenüber von mir nicht, dass der Klimawandel menschengemacht ist. Drei Leute in meiner Abteilung denken ebenfalls so."
Gesetzgeber vs. Wissenschaft
Dagegen stehen mindestens 97 Prozent der Wissenschaftler, die sich einig sind, dass der Klimawandel menschengemacht ist, laut der American Association for the Advancement of Science (AAAS), der größten Wissenschaftlervereinigung der USA.
Aber Umweltschützer machen sich dennoch Sorgen, dass das Schulsystem in den USA die Schüler nicht ausreichend auf die Risiken, die unseren Planeten bedrohen, vorbereitet.
Es sind nicht nur private Initiativen, wie das Heartland Institute, die versuchen, Klimawandel an Schulen unter den Teppich zu kehren. Im Februar hat die Regierung des Staates Idaho beschlossen, Klimawandel aus dem Lehrplan zu streichen. Es ist Lehrern zwar nicht verboten, darüber zu unterrichten, aber sie sind dennoch dazu angehalten, sich an den Lehrplan zu halten. Wenn das Thema in keinem Schulbuch bearbeitet oder in Prüfungen abgefragt wird, ist es unwahrscheinlich, dass Lehrer sich damit im Unterricht auseinander setzen.
Selbst diejenigen, die motiviert sind, ihre Schüler über den Zusammenhang zwischen Emissionen aus fossilen Brennstoffen und Erderwärmung aufzuklären, behandeln den Stoff vorsichtig.
Ein Naturwissenschaftslehrer meinte gegenüber der Idaho Statesman Zeitung, dass sie an seiner Schule zwar über den Wandel in der Atmosphäre und dessen Einfluss auf die Polkappen unterrichten, "aber nicht über 'Klimawandel'", da der Begriff "politisch aufgeladen" sei.
Auch Texas, Florida, Indiana und Oklahoma prüfen Gesetzesvorschläge, die es Lehrern erlauben, oder sie sogar ermutigen würde, Klimawandel als nur eine kontroverse Interpretation der Fakten darzustellen.
Politische Klimaskeptiker
Mit Trumps Regierung sind die Klimaskeptiker ins Weiße Haus gezogen. Populisten auf der ganzen Welt leugnen den Zusammenhang zwischen CO2 und der globalen Erwärmung. Auch hier in Deutschland erklärt die AfD in ihrem Grundsatzprogramm, dass der durch Menschen verursachte Klimawandel nicht vorhanden sei.
Doch obwohl nun von ganz oben Zweifel an der Wissenschaft des Klimawandels geäußert werden, ist der Streit an den Schulen nicht direkt auf Trump zurückzuführen, meint Glenn Branch, stellvertretender Direktor des National Center for Science Education (NCSE), einer Organisation, die sich der Lehre der Evolution und Klimawandel verschrieben hat.
Ein Grund sei eher eine lange Tradition, wissenschaftliche Fakten als eine vieler Möglichkeiten zu präsentieren. So wird an einigen Schulen Evolution zusammen mit Kreationismus, der Schöpfung, unterrichtet. Außerdem wüssten viele Gesetzgeber und Lehrer selbst nicht viel über Klimawandel und hätten deswegen keine Ahnung, wie sie das Thema im Klassenraum behandeln sollen, so Branch.
Aber er sagt auch: "Es ist trotzdem plausibel, dass sich mit einem Klimawandel-Leugner im Weißen Haus - und vielen weiteren in der Regierung - lokale Klimawandel-Leugner inspiriert und gestärkt fühlen."
Auch das Heartland Institute "könnte denken, dass der richtige Moment gekommen war."
Trotz der vielen Kontroversen und Diskussionen, gibt es für Freeman, der Lehrerin in Georgia, einen Lichtblick. Sie ist Mitglied einer Vereinigung von Naturwissenschaftslehrkräften. Zusammen mit ihren Kollegen hat sie einen neuen Lehrplan geschrieben, bei dem Klimawandel in den Biologieunterricht integriert ist. Das neue Curriculum wurde bereits abgesegnet. Ab 2018 unterrichtet sie alle ihre Schüler über Erderwärmung.