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US-Wahl 2024: TV-Debatten-Desaster für Joe Biden

28. Juni 2024

Es war die erste TV-Debatte für Joe Biden und Donald Trump in diesem Wahljahr. Im Gedächtnis bleiben sprachliche Aussetzer bei Biden und Trumps Ausweichen auf die Frage, ob er das Wahlergebnis akzeptieren wird.

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Donald Trump und Joe Biden während des ersten TV-Duells vor den Präsidentschaftswahlen in den USA
Zweimal werden die beiden Präsidentschaftskandidaten vor den Wahlen am 5. November bei TV-Debatten aufeinandertreffenBild: Brian Snyder/REUTERS

Es war das erste TV-Duell zwischen einem amtierenden und einem ehemaligem Präsidenten und es war ein Kracher. Am Donnerstagabend (Ortszeit) trafen der demokratische Präsident Joe Biden und der Präsidentschaftskandidat der Republikaner Donald Trump in Atlanta, Georgia, aufeinander. Mehr als vier Monate vor den Präsidentschaftswahlen in diesem Jahr diskutierten sie über Einwanderung, die Wirtschaft und eine ganze Reihe anderer Themen.

Eine der wichtigsten Erkenntnisse des Abends: Die Demokraten stecken in Schwierigkeiten. Von der ersten Minute an klang Bidens Stimme brüchig. Grund dafür war laut Quellen aus dem Wahlkampfteam eine Erkältung Bidens. Das wäre normalerweise keine große Sache, doch diese Information drang erst nach der Debatte an die Öffentlichkeit und so wirkte der 81-Jährige, dessen Alter bereits während des gesamten Wahlkampfs für Diskussionen sorgt, besonders gebrechlich.

US-Präsident Joe Biden während der TV-Debatte
Präsident Joe Biden bei der ersten TV-DebatteBild: Michael Reynolds/EPA

"Dass er einen Husten hat, hätte ich schon vorher verraten", sagt J. Miles Coleman, Wahlanalyst vom Center for Politics der University of Virginia zur DW. "Hätte Bidens Team vor der Debatte darauf hingewiesen, hätten sich die Menschen in ihren Erwartungen vermutlich darauf eingerichtet und ihn etwas freundlicher oder gnädiger beurteilt."

Ist Biden dem Amt gewachsen?

In den Kritiken nach der Debatte kam Biden nicht gut weg und das lag nicht nur an seiner heiseren Stimme. Dem Publikum fiel auch ohne wiederholte Hinweise von Seiten Trumps auf, dass manche seiner langen, ausschweifenden Sätze keinen Sinn machten.

Für die Wähler und Wählerinnen, die niemals Trump wählen würden, wird eine Debatte wie diese keinen großen Unterschied machen. Aber Unentschiedenen geben diese Debatten eine Gelegenheit, die Standpunkte der Kandidaten zu wichtigen Themen zu hören und zu sehen, wie sie sich schlagen. Die zentralen Fragen vor der Debatte am Donnerstag lauteten: Ist Biden fit genug, um Zweifel über sein Alter aus dem Weg zu räumen? Und ist Trump in der Lage, sich wie ein Präsident zu benehmen?

Joe Biden und Donald Trump: Zu alt um zu regieren?

Biden hat das Ziel definitiv verfehlt. "Da gibt es nichts zu beschönigen: Für Joe Biden war die Debatte ein Desaster", sagt Ines Pohl, Leiterin des DW-Studios Washington. "Das wichtigste Ziel für Biden heute Abend war, zu zeigen, dass er dem Amt gewachsen ist. Dabei hat er kläglich versagt."

David Axelrod, bis 2011 einer der engsten Berater von US-Präsident Barack Obama, sagte bei CNN, Biden habe keinen energischen Eindruck gemacht und gelegentlich ein wenig desorientiert gewirkt. Nach Meinung Colemans wirkte Trump, der mit 78 Jahren nur wenig jünger ist als Biden, gute zehn Jahre jünger als der amtierende Präsident.

Trump bleibt bei seinen Lieblingsthemen

Dem ehemaligen Präsidenten gelang es viel besser, sein Ziel zu erreichen und präsidial zu wirken. Er unterbrach sein Gegenüber nicht ständig, wie er es in der ersten Debatte 2020 getan hatte. Hilfreich war dabei, dass die Mikrofone der Kandidaten abgeschaltet waren, wenn sie nicht an der Reihe waren. Doch das Verhalten, das wohl für viele am wenigsten eines Präsidenten würdig war, kam in dieser Nacht nicht von Trump, sondern von Biden, der sich über das Gewicht des republikanischen Kandidaten lustig machte.

Ex-Präsident Donald Trump während der TV-Debatte
Trump schlug sich in dieser Debatte nach Meinung von Experten besser als sein GegnerBild: Justin Sullivan/Getty Images

Die Fragen der Moderatoren ignorierte Trump mehrfach. Statt auf Fragen zur Kinderbetreuung oder seinem Alter zu antworten, kehrte Trump immer wieder zu seinem Lieblingsthema zurück: wie illegale Zuwanderer, die wegen Bidens Politik in die USA kämen, das Land zerstören würden. "Er sieht keinen Grund, beim Thema zu bleiben", sagt Wahlanalyst Coleman. "Insgesamt haben ihm die Moderatoren da auch nicht viel entgegengesetzt."

Mehr als einmal log Trump während der Debatte zudem ganz unverfroren. So behauptete er zum Beispiel, die Grenzen der USA seien während der gesamten Geschichte der USA nicht so sicher gewesen wie während seiner Präsidentschaft. Doch die irreguläre Migration in die USA war während der Amtszeit Trumps höher als während beider Amtszeiten Barack Obamas, bestätigen Faktenchecker des Poynter Institute.

Wird Trump diesmal das Wahlergebnis anerkennen?

Einer der entscheidenden Momente der Debatte war die Weigerung Trumps, sich festzulegen, ob er das Ergebnis der Wahlen akzeptieren würde, unabhängig davon, wer sie gewonnen hat. Die Frage rief Erinnerungen an die Ereignisse nach den letzten Wahlen wach. 2020 hatte Trump seine Niederlage gegen Biden nicht akzeptiert und behauptet, die Demokraten hätten die Ergebnisse manipuliert. Auch nach Neuauszählungen und Gerichtsurteilen, die diese Behauptung widerlegten, hielt er an seiner Lüge von der gestohlenen Wahl fest. 

Durch diese Haltung sahen sich rechte Trump-Anhänger darin ermutigt, am 6. Januar 2021 das Kapitol zu stürmen in dem Versuch, die demokratische Machtübergabe zu verhindern.

Zweimal wich er während der Debatte der Frage aus, bis er schließlich versicherte, dass er das Wahlergebnis 2024 akzeptieren würde, vorausgesetzt die Wahlen seien "fair und legal und gut" gewesen. Was genau er damit meinte, sagte er nicht.

Demokraten "in Panik"

Selbst bei Themen, bei denen die Demokraten eigentlich einen Heimvorteil haben, wirkte Biden wegen seines konfusen Auftretens wenig überzeugend. So gelang es ihm nicht, einen Treffer wegen der strafrechtlichen Verurteilungen Trumps zu landen oder sich als Verfechter des Rechts auf Abtreibung zu präsentieren. 2022 hatte der Oberste Gerichtshof das verfassungsmäßige Recht auf Abtreibung mit den Stimmen von drei konservativen, von Trump ernannten Richtern aufgehoben, doch Bidens Versprechen, dieses landesweit wiederherzustellen, überzeugte wegen seiner unbeholfenen Ausführungen kaum.

Unmittelbar nach der Debatte wurde darüber spekuliert, ob die Demokraten nicht vor oder während ihres Parteitags im August einen anderen Kandidaten aufstellen könnten. CNN-Reporter berichteten von demokratischen Politikern, die "Bedenken" über eine Kandidatur Bidens geäußert hätten, ohne jedoch Namen zu nennen.

Ines Pohl berichtete bereits 2016 und 2020 für die DW über die Präsidentschaftswahlen in den USA. Bidens schwacher Auftritt während der Debatte trat ihrer Meinung nach Diskussionen darüber los, "wie die Demokraten verhindern können, dass Biden erneut antritt". Eine Möglichkeit wäre, den Delegierten auf dem Parteitag die Möglichkeit zu geben, einen anderen Kandidaten zu wählen. Das wäre ein höchst ungewöhnlicher Schritt, wie ein Blick auf die letzten Jahrzehnte in der US-Politik zeigt.

Doch die Zeiten sind alles andere als gewöhnlich, sagt Pohl: "Die Demokraten sind in Panik."

Adaptiert aus dem Englischen von Phoenix Hanzo.

Carla Bleiker
Carla Bleiker Redakteurin, Channel Managerin und Reporterin mit Blick auf Wissenschaft und US-Politik.@cbleiker