Joe Biden: "Mein Gedächtnis ist gut"
9. Februar 2024Was Sonderermittler Robert Hur zum Abschluss der Untersuchungen zu der Dokumentenaffäre sagte, klang zunächst wie eine gute Nachricht für den US-Präsidenten: Joe Biden hätte zwar die geheimen Dokumente nicht in seinen privaten Räumlichkeiten verwahren dürfen, doch er müsse dazu keine strafrechtlichen Konsequenzen befürchten.
Aber was Hur dann in seinen Erläuterungen zu der Sache ausführte, wurde für Biden zu einem PR-Desaster: Der Sonderermittler kam nach der 15-monatigen Untersuchung mit 173 Befragungen von 147 Zeugen und der Sichtung von Millionen Dokumenten zu dem Schluss, dass es um die mentale Fitness des 81-Jährigen schlecht bestellt sei.
"Quälend langsam" mit "erheblichen Einschränkungen"
Biden selbst stand den Ermittlern an zwei Tagen im vergangenen Oktober fünf Stunden lang Rede und Antwort. Ausgewertet wurden auch lange Mitschnitte von Unterhaltungen Bidens mit seinem Ghostwriter für ein 2017 erschienenes Buch.
Das Material hinterließ bei den Ermittlern demnach ein desaströses Bild. In dem Bericht heißt es, Bidens Gedächtnis habe "erhebliche Einschränkungen" offenbart und sei teils "verschwommen" gewesen. Die Gespräche seien "oft quälend langsam" verlaufen. Biden habe Mühe gehabt, sich an Ereignisse zu erinnern und mitunter sogar, eigene Notizen zu lesen und wiederzugeben. "Er wusste nicht mehr, wann er Vizepräsident war, vergaß am ersten Tag des Gesprächs, wann seine Amtszeit endete, am zweiten Tag des Gesprächs, wann seine Amtszeit begann." Der Präsident habe sich auch nicht mehr erinnern können, wann sein an Krebs erkrankter Sohn Beau gestorben sei.
Biden wird emotional
Vor allem dieser Punkt brachte Joe Biden in Rage. In einer sehr kurzfristig anberaumten Pressekonferenz echauffierte er sich, wie Hur es wagen könne, den Tod seines Sohnes zum Thema zu machen.
Im Übrigen, betonte Biden, sei sein Gedächtnis "gut". Die Frage eines Journalisten zu dem Zitat aus dem Bericht, er sei ein "wohlmeinender älterer Herr mit einem schlechten Gedächtnis", konterte er dahingehend, er sei sehr wohl wohlmeinend und auch ein älterer Herr, fügte dann aber hinzu: "Ich weiß zum Teufel, was ich tue. Ich bin der Präsident und habe dieses Land wieder auf die Beine gebracht."
Immer wieder Fehler
In der öffentlichen Wahrnehmung könnte sich der Bericht des Sonderermittlers zum Nachteil für Biden erweisen. Schon jetzt sehen viele Wähler sein hohes Alter als eine große Schwäche des US-Demokraten an, der bereits der älteste Präsident der US-Geschichte ist. Zudem sorgt er immer wieder mit Versprechern und Verwechslungen für Irritationen.
Zuletzt verwechselte Biden den verstorbenen Altkanzler Helmut Kohl mit der früheren Bundeskanzlerin Angela Merkel, als er über eine Begebenheit aus dem Jahr 2021 berichtete. Doch es war nicht Kohl, der damals das Wort an ihn richtete, sondern Merkel. Und statt Emmanuel Macron nannte er kürzlich den schon lange verstorbenen François Mitterrand als französischen Präsidenten.
Eigentor bei Pressekonferenz
Und als wäre das alles nicht schon schlimm genug, unterlief Biden bei der Pressekonferenz am Donnerstagabend, bei der er seine mentale Leistungsfähigkeit behauptete, ein weiterer Schnitzer: Er bezeichnete den ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi als "mexikanischen Präsidenten". "Wie Sie wissen, wollte der Präsident von Mexiko, Al-Sisi, zunächst nicht den Grenzübergang öffnen, um humanitäre Hilfe hereinzulassen" - aber er meinte an dieser Stelle offensichtlich den ägyptischen Präsidenten und bezog sich auf den Grenzübergang Rafah, über den Hilfsgüter in den Gazastreifen gelangen.
Die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre, spielte diesen Vorfall herunter. Sie sagte vor Journalisten, solche Versprecher seien "ganz normal", das passiere jedem mal. Dann zählte sie mehrere Politiker auf, die sich in ähnlicher Weise falsch ausgedrückt haben.
Eine Frage zu Bidens allgemeinem Gesundheitszustand beantwortete sie mit dem Hinweis darauf, dass er bei seinen früheren ärztlichen Untersuchungen einen einwandfreien Gesundheitszustand hatte und dass er sich einer weiteren Untersuchung unterziehen werde.
Steilvorlage für die Republikaner
Natürlich nahmen die oppositionellen Republikaner die Erläuterungen des Sonderermittlers zur Gesundheit des US-Präsidenten umgehend auf und nutzten sie zu einer Attacke. Der Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, und weitere Abgeordnete erklärten nach Veröffentlichung des Berichts, dieser sei "zutiefst verstörend": "Ein Mann, der zu unfähig ist, für den falschen Umgang mit geheimen Dokumenten zur Rechenschaft gezogen zu werden, ist mit Sicherheit ungeeignet für das Oval Office."
Gleichwohl haben die Republikaner mit ihrem mutmaßlichen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump ebenfalls einen Mann am Start, der immer wieder mit bizarren Äußerungen für Stirnrunzeln sorgt. So verwechselte der 77-Jährige kürzlich die republikanische Mitbewerberin Nikki Haley mit Nancy Pelosi, der kalifornischen Demokratin, die zu seiner Amtszeit Sprecherin des Repräsentantenhauses war.
mak/se (dpa, rtr, afp)