Parteitag mit Emotionen
26. August 2008Fest eingeplant war als erster Höhepunkt der viertägigen Versammlung die Ansprache von Michelle Obama, der Frau des designierten Kandidaten. Die 44-Jährige nannte am Montag (25.8.2008) in einer emotionalen und sehr persönlichen Rede Familienwerte und den amerikanischen Traum als zentrale Antriebskräfte für die Präsidentschaftskandidatur ihres Mannes Barack.
Vor den mehr als 4000 Delegierten im Pepsi-Center von Denver beschrieb Michelle Obama ihre eigene Kindheit in einer Arbeiterfamilie in Chicago. Ihr Mann habe einen ähnlichen Werdegang gehabt und teile die gleichen Überzeugungen und Hoffnungen mit Millionen Amerikanern, sagte sie.
Inszenierung als perfekte Familie
"Ich liebe dieses Land", versicherte Michelle Obama mit Blick auf wiederholt öffentlich geäußerte Zweifel am Patriotismus ihrer Familie. Zusammen mit ihrem Mann fühle sie sich verpflichtet, im Interesse ihrer und aller Kinder für eine bessere Zukunft zu kämpfen.
Zu der perfekten Choreographie gehörten auch der Auftritt der beiden Kinder, die zu den Klängen von Stevie Wonders Song mit dem rhetorisch fragenden Titel "Isn't She Lovely?" die Bühne betraten und eine Satelliten-Schaltung zu Barack Obama. "Hallo Daddy", grüßten die Töchter artig, und dieser fragte dann aus dem fernen Missouri die Delegierten: "Wie findet ihr Michelle Obama?"
Edward Kennedy: "Der Traum lebt weiter"
Aufsehen erregte bei der Eröffnung des Parteitags die Anwesenheit des schwer krebskranken Parteipatriarchen Senator Edward Kennedy. Der einzige überlebende Bruder des ermordeten US-Präsidenten John F. Kennedy rief bei seinem überraschenden Auftritt vor den Delegierten zur Unterstützung Obamas auf und sagte: "Die Arbeit beginnt von neuem, die Hoffnung wächst wieder, und der Traum lebt weiter."
Trotz seiner andauernden Behandlung sagte Kennedy, er verspreche, dass er auch nach der Wahl im November wieder seinen Sitz im Senat einnehmen werde. Und auch im Januar, wenn Obama möglicherweise als neuer Präsident vereidigt wird, wolle er dabei sein. Bei Kennedy war im Mai ein Gehirntumor entdeckt worden, es folgten Operation und Chemotherapie.
Die Delegierten würdigten den Durchhaltewillen des Senators mit lauten "Teddy"-Rufen und sprangen von ihren Sitzen auf. Viele hatten Tränen in den Augen. Nach der kurzen Ansprache nahm der 76-Jährige ein ausgiebiges Bad in der Menge, während ihm seine Nichte Caroline helfend den Arm stützte.
Obama: Clintons stehen hinter mir
Auf dem Parteitag soll Barack Obama offiziell zum Präsidentschaftskandidaten gewählt werden. Höhepunkt der Versammlung ist eine Rede Obamas am Donnerstag, in der er die Kandidatur annehmen will. Um ihm dafür ein möglichst großes Podium zu bieten, wurde diese Rede in ein Stadion in Denver verlegt, das Platz für 75.000 Menschen bietet.
Die Wahl des Kandidaten beginnt am Mittwochabend, wenn die Delegierten der einzelnen US-Staaten ihre Stimmen abgeben. Obama zeigte sich am Montag überzeugt, dass auch die Anhänger seiner ehemaligen innerparteilichen Rivalin Hillary Clinton hinter ihm stehen. Sie und ihr Ehemann Bill hätten ihm ihre Unterstützung nicht deutlicher zeigen können, sagte Obama nach einem Wahlkampfauftritt in Iowa. Der Parteitag in Denver werde dazu beitragen, die Demokratische Partei wieder zu einen und ihr die für einen Wahlsieg am 4. November notwendige Geschlossenheit geben.
In einem ersten formellen Akt des Parteitags verabschiedeten die Demokraten ein Wahlprogramm, das zentrale Forderungen des designierten Präsidentschaftskandidaten Obama enthält. Dazu gehören der Abzug der US-Kampftruppen aus dem Irak innerhalb von 16 Monaten, ein Paket zur Belebung der Konjunktur, eine allgemeine Krankenversicherung sowie höhere Steuern für Haushalte mit einem Jahreseinkommen von mehr als 250.000 Dollar (170.000 Euro).
Das FBI prüft unterdessen Berichte über ein möglicherweise vereiteltes Attentat auf Barack Obama. Laut örtlichen Medien wurden vier Menschen festgenommen. Der Anschlag soll für Donnerstag geplant worden sein - den Tag, an dem Obama die Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten annehmen will. Ob es sich um eine echte Bedrohung handelte, ist noch unklar. Die Staatsanwaltschaft Denver beraumte noch für Dienstag eine Pressekonferenz zu den Festnahmen an. (gri)