Grenfell-Tower: Die Suche nach Antworten
14. September 2017Mit einer Schweigeminute für die Opfer hat in London offiziell die öffentliche Untersuchung des verheerenden Brandes im Grenfell Tower begonnen. In der Nacht zum 14. Juni hatten sich die Flammen rasend schnell über die leicht entzündliche Außenverkleidung des 24-stöckigen Wohnhochhauses ausgebreitet. Bislang sind etwa 60 der 81 Todesopfer identifiziert. Einige Bewohner gelten noch als vermisst, immer wieder werden in der Ruine menschliche Überreste entdeckt. Die genaue Opferzahl wird sich nach Behördeneinschätzung nicht klären lassen.
"Antworten auf die drängendsten Fragen"
Der mit der Untersuchung betraute pensionierte Richter Moore-Bick sagte zu Beginn der ersten Sitzung "Antworten auf drängende Fragen" zu. Dazu zähle die Frage, wie eine "Katastrophe dieses Ausmaßes im London des 21. Jahrhunderts" habe passieren können. Er hoffe, dass dies den Betroffenen ein wenig Trost bringen werde. Moore-Bick würdigte zugleich die "Tapferkeit und Widerstandsfähigkeit" der Anwohner in dem betroffenen westlichen Stadtteil. Moore-Bick erwähnte, dass überlebende Kinder bereits am Tag nach dem Brand wieder zur Schule gegangen seien.
Mit einem Zwischenbericht rechnet der Jurist Ende März oder Anfang April kommenden Jahres. Die Untersuchung soll "den unmittelbaren Grund oder die Gründe des Feuers und die Weise, auf die es sich ausgebreitet hat", klären. Zudem wird die Reaktion der Behörden und der Feuerwehr überprüft. Der Brand im Grenfell Tower war nach Erkenntnissen der Ermittler durch einen defekten Kühlschrank ausgelöst worden.
Überlebende sind verärgert
Bei vielen Überlebenden und Angehörigen, vorwiegend Geringverdiener und Einwanderer, herrscht Verärgerung angesichts der nur schleppenden Bewältigung der Folgen des Brandes: Menschen aus rund 200 Haushalten wurden obdachlos, aber nur wenige von ihnen konnten bisher wieder dauerhaft unterkommen. Rund 600 Menschen werden seit dem Brand psychologisch oder seelsorgerisch betreut, darunter etwa 100 Kinder.
Die Bewohner des Towers hatten zudem geklagt, dass die Behörden ihre Bedenken wegen mangelhafter Sicherheitsvorkehrungen in dem Gebäude nicht ernst genommen hätten. So hatte der Wohnturm keine zentrale Sprinkler-Anlage. Politisch unter Druck sagte Großbritanniens Premierministerin Theresa May deshalb die öffentliche Untersuchung zu und bestellte Moore-Bick zum Leiter der Untersuchung.
se/jj (dpa, afp)