Unruhen erschüttern Bolivien
31. Dezember 2022Am Ende eines 24-stündigen-Streiks schlugen die Proteste in Santa Cruz, der Hauptstadt der gleichnamigen Region, in Gewaltakte um. Fahrzeuge und Autoreifen wurden in Brand gesteckt. Auf Polizisten wurden Feuerwerkskörper geworfen, diese gingen mit Tränengas gegen die Protestierer vor.
Die Menschenrechtsorganisation IACHR berichtete von Hinweisen auf "schwerwiegende Angriffe" von Sicherheitskräften auf Journalisten, die über die Ausschreitungen in Bolivien berichten wollten. Tagsüber waren die Kundgebungen mit Straßenblockaden zumeist friedlich verlaufen. Die Regierung in La Paz hat bisher nicht zu erkennen gegeben, wie sie auf die Lage in der vergleichsweise wohlhabenden, landwirtschaftlich geprägten Region reagieren wird. Am Donnerstagabend waren allerdings militärische Einheiten in Santa Cruz zu sehen.
Der Oppositionspolitiker Luis Fernando Camacho, Gouverneur der Region Santa Cruz, war vor wenigen Tagen festgenommen worden. Ein Richter ordnete kurz danach eine viermonatige Untersuchungshaft für den rechtskonservativen Gouverneur an. Camacho solle die U-Haft im Hochsicherheitsgefängnis Chonchocoro im Bezirk La Paz zubringen, verfügte Richter Sergio Pacheco nach einer Online-Anhörung.
Angebliche Fluchtgefahr
Die Staatsanwaltschaft hatte eine sechsmonatige Untersuchungshaft gefordert und dies mit Fluchtgefahr begründet. Sie legt Camacho "Terrorismus" im Zusammenhang mit einem angeblich versuchten Staatsstreich gegen den linksgerichteten Ex-Präsidenten Morales im November 2019 zur Last.
In seiner Anhörung gab sich der 43-jährige Oppositionspolitiker kämpferisch: "Niemals werde ich aufgeben", sagte er. Er rief seine Landsleute auf zu verhindern, dass in Bolivien "eine Diktatur wie in Venezuela und Kuba" errichtet werde. Nach der Entscheidung des Richters wurde Camacho - begleitet von einem großen Sicherheitsaufgebot - von seiner Zelle in einer Polizeiwache in das Hochsicherheitsgefängnis Chonchocoro gebracht, wie auf Bildern des privaten Fernsehsenders Unitel zu sehen war.
Durch die Festnahme verschärften sich die Spannungen zwischen der linksgerichteten Regierung von Präsident Luis Arce und Camachos Anhängern in Santa Cruz. Camacho war bei der Präsidentschaftswahl 2020 dem Sozialisten Arce unterlegen, der unter Morales Wirtschaftsminister war.
UN-Generalsekretär António Guterres äußerte sich besorgt über die jüngsten Ereignisse in Bolivien. Wie seine Sprecherin Florencia Soto Niño-Martínez sagte, rief er zur Ruhe auf und forderte "alle politischen und sozialen Akteure zu maximaler Zurückhaltung" auf.
kle/rb (rtr, afp)