Union drängt SPD zu Steinmeier-Verzicht
7. November 2016Bei der Suche nach einem neuen Bundespräsidenten drängen CDU und CSU den Koalitionspartner SPD zum Verzicht auf einen eigenen Kandidaten. Wie die "Bild"-Zeitung (Montagsausgabe) erfuhr, appellierten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer an SPD-Chef Sigmar Gabriel, auf eine Kandidatur von Außenminister Frank-Walter Steinmeier zu verzichten. Erst danach sollten neue Namen für das höchste Staatsamt diskutiert werden, hieß es. Bei einem Treffen der drei Parteivorsitzenden in Berlin habe Gabriel die Bitte aber abgelehnt, berichtet "Bild" unter Berufung auf Regierungskreise.
Gabriel hatte seinen Parteifreund Steinmeier unlängst als Kandidat für die Nachfolge von Bundespräsident Joachim Gauck öffentlich ins Gespräch gebracht und damit die Union unter Druck gesetzt. Merkel und Seehofer wollten am Sonntag erreichen, dass sich die drei Regierungsparteien auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen. Doch das Berliner Spitzentreffen endete ohne Durchbruch: "Es gibt keine Verständigung", bestätigten Parteikreise. Die Entscheidung solle nun am kommenden Sonntag fallen - "wie auch immer sie aussehen mag". Gabriel selbst meinte zumindest: "Eine Einigung ist weiterhin nicht ausgeschlossen."
Mit Rot-Rot-Grün ins höchste Staatsamt?
Gelingt es der großen Koalition nicht, sich auf einen gemeinsamen Kandidaten zu einigen, könnte die SPD versuchen, Steinmeier mit den Stimmen von Linken und Grünen zum Staatsoberhaupt zu wählen. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter äußerte sich am Wochenende jedoch eher zurückhaltend, auch wenn Steinmeier eine "respektable Person" sei. Die Fraktionsvorsitzende der Linken, Sahra Wagenknecht, betonte: "Steinmeier ist nicht unser Kandidat. Das ist völlig klar." Vorstellbar wäre aber unter anderem der frühere CDU-Sozialminister Norbert Blüm.
Innerhalb der Union wurden Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (beide CDU) als mögliche Kandidaten genannt. Bundestagspräsident Norbert Lammert (ebenfalls CDU) und Verfassungsgerichtspräsident Andreas Voßkuhle haben bereits deutlich gemacht, sie wollten nicht die Gauck-Nachfolge antreten.
FDP-Chef Christian Lindner sprach sich für eine Kampfabstimmung in der Bundesversammlung aus. "Die Suche nach einem Konsenskandidaten entwickelt sich zu einer Peinlichkeit", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Die große Koalition sollte Deutschland von diesem unwürdigen Ringen erlösen und stattdessen zwei Persönlichkeiten in einen fairen Wettbewerb schicken, so Lindner.
Gewählt wird am 12. Februar kommenden Jahres. Der 76-jährige Gauck tritt aus Altersgründen nicht für eine zweite Amtszeit an.
wa/nin (dpa, afp, rtr)