Union Berlin: Das Ende des Scheiterns
27. Mai 2019Einen größeren Tag hatte es in der Vereinsgeschichte noch nicht gegeben. Die Berliner standen zwar schon einmal als Drittligist im Jahr 2001 im Pokalfinale gegen Schalke 04 (0:2) Aber nun spielt Union Berlin erstmals in der kommenden Saison in der Bundesliga. Nach dem 0:0 im Relegationsrückspiel gegen den VfB Stuttgart (Hinspiel 2:2) ist es geschafft. "Es ist ein Traum wahr geworden", sagte Vereins-Routinier Michael Parensen mit Tränen in den Augen und ungläubig unmittelbar nach dem Abpfiff.
Es war eine große Party, die Fans und Mannschaft nach Schluss auf dem Rasen der "Alten Försterei" feierten. Jubel, ungläubiges Staunen, Sprachlosigkeit und pure Freude machte sich unter den Tausenden breit - die ihr Glück nicht fassen konnten.
"Wer lässt sich nicht vom Westen kaufen? Eisern Union!"
Der Traditionsklub aus dem Stadtteil Köpenick, der sich schon traditionell als unterprivilegiert wahrnimmt und der schon häufig am Abgrund und vor großen Problemen stand, spielt demnächst tatsächlich in der Eliteliga mit. So viel stand an diesem späten Abend fest.
Einige aus dem Klub werden trotz des Jubels aber auch ein ambivalentes Gefühl verspüren. Denn nun sind die Unioner auch dort, wo der ungezügelte Fußball-Kapitalismus zuhause ist - und wo sich die Berliner den Gesetzen dieses Marktes werden unterordnen müssen.
"Wer lässt sich nicht vom Westen kaufen? Eisern Union!", besingt Nina Hagen die besondere und lange gepflegte Haltung von Klub und dessen Fans in der Vereinshymne. Unioner sehen sich gern als Außenseiter. Daraus ist diese spezielle Berliner Familie erwachsen. Und darauf sind sie auch mächtig stolz im Osten der Hauptstadt.
Union-Stadion soll ausgebaut werden
Wenn man allerdings etwas genauer hinschaut, hat sich auch dieser Klub in den vergangenen Jahren der Moderne immer mehr angepasst - und die Berliner Erzählung dabei ein wenig verschwimmen lassen. Denn mit einem Etat von rund 16 Millionen Euro gehörten die Unioner bereits in der abgelaufenen Zweitligasaison zu den Top-Teams (hinter den finanziell weit enteilten Kölnern und Hamburgern).
Die Vereinsverantwortlichen wollen das Stadion, das einst Fans mit ihrer unentgeltlichen Arbeitskraft neu aufbauten, von 22.000 auf 37.000 Plätze erweitern. In der Bundesliga sind diese Pläne natürlich deutlich besser umzusetzen. Zum einen, weil die TV-Gelder (mindestens zehn Millionen Euro mehr) sich deutlich erhöhen. Zum anderen dürfte der Zuschauerandrang ungekannte Ausmaße annehmen.
Der Aufstieg ist geschafft und damit ist auch eine neue Ära in Köpenick angebrochen, die den Klub noch weiter beeinflussen wird. Die Union-Familie wird sich in ihrer speziellen Art des gefühlten "Underdogs" aber auch weiterhin die alten Gewohnheiten pflegen - allerdings mit dem Blick auf die neuen Herausforderungen, die die neue Zeit zwangsläufig mit sich bringen wird.