Uni entzieht Schavan Doktortitel
5. Februar 2013Die Heinrich-Heine-Universität erkennt Bundesbildungsministerin Annette Schavan den Doktortitel ab. Dies habe der Fakultätsrat der Philosophischen Fakultät am Dienstag nach mehrstündigen Beratungen entschieden, teilte Dekan Bruno Bleckmann am Abend mit. Schavan (CDU) habe "systematisch und vorsätzlich gedankliche Leistungen vorgegeben, die sie in Wirklichkeit nicht selbst erbracht hat", sagte Bleckmann. Der Dekan erklärte weiter, in der 1980 eingereichten Dissertation zum Thema "Person und Gewissen" gebe es "in bedeutendem Umfang eine nicht gekennzeichnete Übernahme fremder Texte". Daher halte der Fakultätsrat den "Tatbestand einer vorsätzlichen Täuschung durch Plagiat" für gegeben.
"Flüchtigkeitsfehler"
Schavan hatte stets beteuert, sie habe in ihrer Dissertation möglicherweise Flüchtigkeitsfehler gemacht, aber weder plagiiert noch getäuscht. Das sieht der Fakultätsrat nach gründlicher Prüfung der mit "sehr gut" benoteten Arbeit im Fach Erziehungswissenschaften anders. Das 15-köpfige Gremium traf die Entscheidung mit großer Mehrheit.
Schavan will vor Gericht ziehen
Die Ministerin, die sich zurzeit zu politischen Gesprächen in Südafrika aufhält, steht nach der Aberkennung der Promotion ohne jeden Studienabschluss da. Sie werde gegen die Entscheidung des Fakultätsrats klagen, teilten ihre Rechtsanwälte mit. Parteifreunde der Ministerin äußerten Verständnis für diesen Schritt und stellten sich hinter sie. Unions-Fraktionsvize Michael Kretschmer sprach von einer "politisch motivierten Kampagne gegen eine sehr erfolgreiche Bundesforschungsministerin". Der FDP-Bildungspolitiker Patrick Meinhardt betonte, bis zum Abschluss einer gerichtlichen Klärung gelte die Unschuldsvermutung.
Als Ministerin noch handlungsfähig?
Es ist jedoch fraglich, ob die 57-jährige Schavan unter diesen Umständen Bundesministerin für Bildung und Forschung bleiben kann. Oppositionspolitiker halten ihren Rücktritt für unvermeidbar.
"Ich kann mir nicht vorstellen, wie eine Bildungsministerin mit einem solchen Makel in Deutschland regieren will", sagte Steffi Lemke, Bundesgeschäftsführerin der Grünen. Die forschungspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Petra Sitte, sieht das Ansehen des Amtes bedroht. "Frau Schavan sollte selbst die Konsequenzen ziehen und den Schaden für das Amt der Ministerin für Bildung und Forschung begrenzen." SPD-Chef Sigmar Gabriel reagierte zurückhaltend: "Über die Konsequenzen muss sie selbst nachdenken."
Für Bundeskanzlerin Angela Merkel wäre ein Rücktritt Schavans acht Monate vor der Bundestagswahl ein herber Verlust. Schavan gilt als enge Vertraute Merkels und als eine ihrer Stützen im Kabinett. Vor zwei Jahren hatte Merkel bereits einen Minister wegen einer unsauber verfassten Dissertation verloren: Damals trat Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) zurück, nachdem herausgekommen war, dass er ganze Passagen seiner Dissertation abgeschrieben hatte.