UNESCO-Welterbetitel für die Wikinger
30. Juni 2018Die "wilden Horden aus dem Norden" versetzten vor eintausend Jahren ganz Europa in Angst und Schrecken. Nun konnten die Wikinger für Deutschland den 43. UNESCO-Welterbe-Titel erringen, ganz ohne Axt und Schwert!
Haithabu - das Fenster zur Wikingerzeit
1897 wurde im Norden Deutschlands, in Schleswig die alte Wikingerstadt Haithabu entdeckt. 1900 begannen die Ausgrabungen, die bis heute andauern. Zutage tritt immer mehr die Bedeutung dieses Ortes: Vor mehr als eintausend Jahren war Haithabu das wichtigste Fernhandelszentrum in Nordeuropa.
Hier liefen nicht nur alle wichtigen Routen zusammen, es trafen sich auch Menschen unterschiedlichster Herkunft: Friesen, Dänen, Sachsen, Slawen, ja selbst Händler aus dem fernen Byzanz.
Die Horden aus dem Norden
Vom 9. bis 11. Jahrhundert wurden die Dänen, Schweden und Norweger vom Rest Europas allgemein als "Wikinger" bezeichnet. Womöglich stammt der Name vom altnordischen Verb "vikingr" ab, er bedeutet soviel wie "Rauben" oder "Plündern". Und genau das taten die Wikinger.
Sie waren kein einheitliches Volk, sondern gehörten verschiedenen Stämmen in Skandinavien und Nordeuropa an. Sie schlossen sich in losen Gefolgschaften zusammen, um in Mittel- und Südeuropa schnelle Beute zu machen und neue Siedlungsräume zu erschließen.
Blitzartig tauchten sie mit ihren wendigen Schiffen an Küsten und Ufern auf. Bis an die Zähne bewaffnet eroberten sie Dörfer, plünderten Klöster und brannten nieder, was sie nicht mitnehmen konnten. "Wikinger", diesen Namen gaben ihnen die überfallenen Menschen, sie empfanden die nordischen Krieger als schreckliche Heimsuchung.
Eine der größten Wikingersiedlungen weltweit entsteht
Es waren vermutlich friesische Kaufleute, die sich im 8. Jahrhundert an der Schlei niederließen, einem 40 km langen, schiffbaren Seitenarm der Ostsee. Dänen und andere Skandinavier folgten. Sie gaben der neuen Siedlung den Namen "Haithabu", er setzt sich aus den beiden altnordischen Worten „Heide“ und „Hof“ zusammen.
Die Menschen vom "Heidehof" legten einen Hafen an, bauten Straßen und Häuser, errichteten Schutzwälle. In der Blütezeit zählte die Stadt 1500 bis 2000 Menschen. Die einen lebten vom Handel, die anderen vom Raub.
Von Haithabu aus starteten sowohl die vollbeladenen Handelsschiffe, die Waren bis ins ferne Konstantinopel oder Bagdad brachten. Aber von hier aus stachen auch die schnellen, schlanken Kriegsboote in See, mit denen die Wikinger auf Beutezug gingen.
Danewerk – Schutzmauer der Wikinger
In der Nähe Haithabus errichteten die dänischen Könige eine mächtige Grenzbefestigung, um die Südgrenze ihres Reiches und die Handelsstadt Haithabu zu sichern. Das Danewerk bestand aus Erdwällen, Mauern, Gräben und einem Sperrwerk in der Schlei. Insgesamt war das Danewerk 33 Kilometer lang.
Genutzt hat es letztes Endes nichts: Nachdem die Stadt viele Angriffe überstanden hatte, wurde sie im Jahr 1066 bei einem Überfall slawischer Truppe zerstört. Nach nur 300 Jahren endete die Geschichte Haithabus. Und auch die Zeit der Wikinger ging zu Ende.
Eine archäologische Fundgrube
Seit über einhundert Jahren graben die Archäologen rund um Haithabu, aber bis heute sind nur etwa fünf Prozent der Siedlung und des Hafens freigelegt. Es ist eine der wichtigsten archäologischen Stätten Nordeuropas.
Ein Museum präsentiert die kostbaren Funde, etwa einen Goldschmuck aus einem Frauengrab. Außerdem wurden verschiedene Siedlungshäuser rekonstruiert, so dass Besucher sehen können, wie die Wikinger lebten und arbeiteten.
Welterbetitel für Haithabu und Danewerk
Bis heute hat sich der Ruf der Wikinger als gefürchtete, gnadenlose Krieger gehalten. Doch Haithabu und Danewerk erzählen auch die andere Seite der Geschichte: die von erfolgreichen Kaufleuten, die Handel und Handwerkskunst auf höchsten Niveau betrieben.
Nun wurden Haithabu und Danewerk auf der UNESCO-Jahrestagung in Barhain in die Welterbeliste der Menschheit aufgenommen. Es ist 43. Titel für Deutschland.