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Konflikte

Umsturzversuch in Guinea

5. September 2021

Aus Conakry, der Hauptstadt Guineas, werden heftige Schusswechsel und ein Militäraufmarsch gemeldet. Nach DW-Informationen wurde Präsident Alpha Condé bei dem Putschversuch festgesetzt.

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Guinea Conakry | Unruhen und Schüsse
Soldaten patroullieren durch das Viertel Kaloum in ConakryBild: CELLOU BINANI/AFP

Im westafrikanischen Guinea ist ein Putschversuch von Militärs im Gange. Spezialkräfte der Armee hätten Präsident Alpha Condé gefangen genommen, bestätigte eine Quelle aus dem Präsidentenpalast der Deutschen Welle. Allerdings handele es sich bei den Putschisten nur um eine kleine Gruppe. Der Rest der Streitkräfte stehe loyal zum Staatsoberhaupt. Auch der Eingang zur Innenstadt sei in den Händen der loyalen Kräfte. Das Verteidigungsministerium erklärte seinerseits, ein Angriff auf den Präsidentensitz durch die Spezialeinheit sei zurückgeschlagen worden. 

Die Putschisten erklärten demgegenüber in einem Video, das der Nachrichtenagentur AFP zuging, die Regierung sei "aufgelöst". Nach der Gefangennahme des Präsidenten sei beschlossen worden, die Verfassung außer Kraft zu setzen und die Institutionen aufzulösen. "Wir haben auch entschieden, die Regierung abzusetzen und die Grenzen zu schließen", sagte ein uniformierter und bewaffneter Putschist in dem Video, das in Online-Diensten weite Verbreitung fand.

Darin ist auch der Präsident zu sehen, der sich in der Gewalt der Putschisten befand. Condé - in Jeans und Hemd auf einem Sofa sitzend - weigert sich, auf die Frage der Putschisten zu antworten, ob er misshandelt worden sei. Der staatliche TV- und Radiosender befindet sich nach DW-Informationen inzwischen unter Kontrolle der Regierungsgegner.

Heftige Schusswechsel

Zuvor war gemeldet worden, im Zentrum von Conakry, der Hauptstadt Guineas, seien Soldaten aufmarschiert. Nach Berichten von Augenzeugen kam es zu stundenlangen Schusswechseln. Das Militär war vor allem auf den Straßen der Halbinsel Kaloum zu sehen, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtet.

Videostill | Guinea Conakry - Militärputsch: Doumbouya hält Ansprache
Der frühere französische Legionär Mamady Doumbouya (Mitte) soll die Putschisten anführen - hier in einem Video, dessen Echtheit sich nicht überprüfen lässtBild: AFP

Dort befinden sich das Präsidialamt und zahlreiche Regierungsinstitutionen des westafrikanischen Landes. Telefonisch kontaktierte Bewohner von Kaloum sprachen von heftigem, anhaltendem Beschuss. Die Straßen seien voller Soldaten, welche die Bewohner aufforderten, in ihre Häuser zurückzukehren und diese nicht zu verlassen. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet unter Berufung auf Augenzeugen, zwei Zivilisten hätten Schusswunden erlitten.

Ein westlicher Diplomat sagte, er habe "keine Zweifel", dass ein Putschversuch im Gange sei, der von guineischen Spezialkräften angeführt werde. Seinen Informationen zufolge hat eine Eliteeinheit den Präsidentenpalast zumindest vorübergehend übernommen. Der Diplomat, der anonym bleiben wollte, vermutete als Ursache Spannungen zwischen der Regierung und dem Kommandeur der Spezialeinheit.

UN-Generalsekretär António Guterres verurteilte "jegliche Übernahme der Regierung durch Waffengewalt". Er fordere die sofortige Freilassung des Präsidenten.

Gemischte Reaktionen

Bei der Bevölkerung fielen die Reaktionen gemischt aus: Die einen sind zufrieden, die anderen enttäuscht von der Armee. Ein Mann sagte der Deutschen Welle: "Dieser Putsch hat mich wirklich enttäuscht. Wie kann eine einzige Spezialeinheit es einfach so schaffen, den Staatspräsidenten gefangen zu nehmen und mit ihm durch die Straßen zu fahren? Es ist so, als hätte Guinea gar keine Armee! Es ist eine Erniedrigung!"

Guinea Conakry | Unruhen und Schüsse
Kurz nach dem Schusswechsel landete dieses Armee-Fahrzeug in Conakry in einem GrabenBild: CELLOU BINANI/AFP

Dagegen sagte ein Frau im Gespräch mit der DW: "Mir fehlen die Worte! Ich bin so zufrieden, das können Sie sich gar nicht vorstellen! Die Bevölkerung hat so gelitten: Es gibt kein Wasser, es gibt keinen Strom, es gibt vor allem auch keine Straßen. Keine Straßen in Guinea, das ist doch seltsam! Wir sind all dessen müde! Er [Präsident Alpha Condé] soll sich ausruhen gehen."

Einstiger Hoffnungsträger

Guinea, das trotz beträchtlicher Bodenschätze zu den ärmsten Ländern der Welt zählt, wird seit Monaten von einer tiefen politischen und wirtschaftlichen Krise erschüttert, die durch die Corona-Pandemie verschärft wurde. Präsident Condé hatte vergangenes Jahr eine Verfassungsänderung durchgesetzt, die ihm eine dritte Amtszeit ermöglicht. Im Oktober ging er nach offiziellen Angaben aus der von Gewalt begleiteten, umstrittenen Wahl als Sieger hervor. Dies wiederum löste Massenproteste aus. Bei Zusammenstößen mit den Sicherheitskräften wurden seinerzeit nach Angaben der Opposition dutzende Menschen getötet.

Der 83-jährige Präsident könnte bis 2030 an der Macht bleiben, falls er die Präsidentenwahl im Jahr 2025 erneut gewinnen sollte. Condé war 2010 aus den ersten demokratischen Wahlen seit der Unabhängigkeit des Landes von Frankreich im Jahr 1958 als Sieger hervorgegangen. Viele Bürger hatten damals gehofft, dass seine Präsidentschaft einen Neuanfang für das Land bringen werde, das seit Jahrzehnten durch autoritäre Regierungsformen geprägt war.

Bodenschätze wie Bauxit, Eisenerz, Gold und Diamanten hatten Guinea unter Condé ein anhaltendes Wirtschaftswachstum beschert. Davon profitierte jedoch nur ein Teil der Bevölkerung. Die Regierung hat in den vergangenen Wochen die Steuern deutlich erhöht. Unter anderem ist der Preis von Treibstoff um ein Fünftel gestiegen, was zu Unmut in der Bevölkerung geführt hat

kle/jj (afp, ape, rtr, DW)