Umstritten: Richters "Birkenau"
4. September 2017Lässt sich das Grauen des Holocaust malen? Mit seinem 2014 entstandenen vierteiligen monumentalen und zugleich beklemmenden Bilderzyklus "Birkenau" spaltet ihr Schöpfer, Gerhard Richter, seit einigen Jahren die Kunstwelt. Die Werke entstanden nach Fotografien eines jüdischen Häftlings im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau im August 1944. Darin nimmt Richter die Motive dieser heimlich gemachten Aufnahmen aus dem Vernichtungslager Birkenau auf. Anschließend hat er sie immer wieder übermalt und schließlich fotografiert. Richter wird die monumentalen Kunstwerke am Montag (04.09.2017) persönlich an Bundestagspräsident Norbert Lammert übergeben. Anschließend werden sie als Leihgabe im Parlament zu sehen sein.
Der Künstler malte die großformatigen ungegenständlichen Bilder im Jahr 2014. Erstmals waren sie im Dresdner Albertinum ausgestellt, firmierten da jedoch noch als "Abstrakte Bilder". Im Februar 2016 wurden sie im Museum Frieder Burda gezeigt. Zum Ausstellungsauftakt reiste der deutsche Malerstar seinerzeit höchstpersönlich nach Baden-Baden.
Nicht zu deutende Gräuel?
Die Kontroverse um seine Bilder hat nicht nur ihn überrascht. Der Vorwurf: Er illustriere den Holocaust und verleihe dem Grauen damit eine künstlerische Form. Stimmt diese Vermutung? Zu sehen sind riesige Farbtafeln, durchzogen von tiefgrauen Schlieren, die er durch grüne und rote Farbinseln unterbricht. Richter hat sie - in der für ihn typischen Weise - grob verwischt. Die Fotodokumente des ehemaligen KZ-Häftlings bildeten lediglich den Ausgangspunkt, die erste Schicht seiner Malerei. Ihr folgten viele weitere Malvorgänge. Richter verwehrt somit den Blick auf die Gräuel. Mehr noch: Er verweigert die Deutung.