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Streit um Falklandinseln

Marc Koch, Buenos Aires10. März 2013

Bis Montag stimmen die Bewohner der Falkland-Inseln über ihre Zugehörigkeit zu Großbritannien ab. Argentinien versucht, das Referendum zu ignorieren - fürchtet aber das Ergebnis.

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Blick über die Landschaft der Falklandinseln, undatierte Aufnahme.
Großbritannien FalklandinselnBild: picture-alliance/dpa

Der argentinische Historiker Luis Alberto Romero freut sich: Für ihn wird am Wochenende ein Traum des Demokratiephilosophen Rousseau wahr. Wenn die Bewohner der Falkland-Inseln direkt und ohne Vermittlung darüber abstimmen, ob sie weiter zu Großbritannien gehören wollen oder nicht, dürfen sie zum ersten Mal mitreden im Konflikt um den Archipel im Südatlantik. Der Historiker Romero gehört zu einer Gruppe argentinischer Intellektueller, die das schon länger fordert - und sich damit kaum Freunde im eigenen Land macht.

Das argentinische Trauma

Denn beim Thema Malwinen, wie die Inseln auf spanisch heißen, ist das eigentlich politisch tief gespaltene Argentinien sich ungewöhnlich einig: Die zugigen Felsen 400 Kilometer vor der Küste waren, sind und bleiben Bestandteil des Landes. Das Referendum lehnt die Regierung in Buenos Aires rundheraus ab. Nicht nur, weil das Ergebnis mit einiger Sicherheit schon feststeht, sondern auch, weil es diese Abstimmung ihrer Ansicht nach gar nicht geben dürfte. Für diese Argumentation haben argentinische Völkerrechtler erstaunliche juristische Kniffe anwenden müssen: Die "Kelper", wie die Inselbewohner mit dem englischen Wort für Braunalgen einst genannt wurden, könnten gar nicht über ihr politisches Schicksal abstimmen, weil sie kein eigenes Volk seien, sondern eine von der Kolonialmacht Großbritannien geschickte Bevölkerung. "Das Referendum ist unter Aspekten des Internationalen Rechts völlig irrelevant", erklärte Alicia Castro, argentinische Botschafterin in London. Diese Position lässt tief blicken, sagt Luis Albeo Romero: "Die Idee, dass die Malwinen uns gehören, ist tief in unserem kollektiven Bewusstsein verwurzelt. Sie wird schon lange gehegt und gepflegt. Das ist ein intoleranter Nationalismus, der genährt wird von unserem Malwinen-Trauma."

Protestaktion vor dem Außenministerium in Buenos Aires am 23.02.2010 Foto: AP
Argentinischer Demonstrant zündet die britische Flagge anBild: AP

Der Dauerruf nach Souveränität

Vor 30 Jahren haben sich Argentinien und Großbritannien einen kurzen, aber heftigen Krieg um die Inseln geliefert. Mit der Niederlage war das Ende der argentinischen Militärdiktatur besiegelt. Latent schwelte der Konflikt um die Inseln immer, doch so forciert wie von der derzeitigen argentinischen Regierung wurde er noch nie: Unermüdlich bringt Staatspräsidentin Cristina Fernández de Kirchner das Thema auf die Tagesordnung - mit Vorliebe bei den Vereinten Nationen, die schon 1965 beide Länder per Resolution zu einer bilateralen Einigung aufgerufen hatten. Gerne publiziert sie auch offene Briefe in britischen Tageszeitungen, um die argentinische Souveränität über die Falklands zu reklamieren. Dabei spielen allerdings nicht nur patriotische Gefühle eine Rolle: In den Gewässern um die Inseln werden riesige Erdöl-Vorkommen vermutet, auf die sowohl Buenos Aires wie auch London ein begehrliches Auge werfen. Zudem könnten die Falklands ihrem Besitzer als Sprungbrett in die Antarktis dienen.

Argentiniens Präsidentin Cristina Fernandez de Kirchner Foto: dapd
Kirchner will den Kampf um die Inseln nicht ruhen lassenBild: AP

Vorsichtsmaßnahmen

Offiziell läßt Argentinien die Abstimmung der 1672 wahlberechtigten Inselbewohner kalt. Doch hinter den Kulissen wächst die Nervosität: "Es herrscht ziemliche Sorge über die möglichen politischen Auswirkungen des Referendums. Aber wir werden entsprechende Maßnahmen ergreifen", sagt ein Spitzendiplomat, der nicht namentlich genannt werden will. Außenminister Hector Timerman hat an alle Botschaften vertrauliche Anweisungen zum offiziellen Umgang mit dem Referendum geschickt. Außerdem soll der südamerikanische Staatenbund UNASUR um eine formelle Ablehnung gebeten werden.

Hinter diesen diplomatischen Aktivitäten steckt die Sorge Argentiniens, dass das erwartete Abstimmungsergebnis, also ein klares "Ja" zum Vereinten Königreich, auch andere Staaten dazu bringen könnte, die Falklands als Teil Großbritanniens zu sehen. Das wiederum könnte Auswirkungen auf die Position des "Komitees zur Entkolonialisierung" der Vereinten Nationen haben. Und genau dort bringt Argentinien seine Ansprüche auf die Inselgruppe besonders gerne zur Sprache.