Ukrainer sehen sich im Krieg, Russen nicht
29. Dezember 2014Das Verhältnis zwischen Russland und der Ukraine ist komplett erkaltet. Die ukrainische Bevölkerung macht sich gegenwärtig keine Illusionen: 81 Prozent sehen ihr Land in einem Krieg oder einem kriegsähnlichen Zustand mit dem benachbarten Russland.
In Russland hingegen meint etwas mehr als die Hälfte der Bevölkerung (54 Prozent), dass sich ihr Land nicht in einem Krieg mit der Ukraine befindet. Dem steht jedoch inzwischen ein Anteil von rund 34 Prozent gegenüber, die die Situation in der Ukraine als einen Krieg mit Russland oder einen kriegsähnlich Zustand werten. Dies zeigt der aktuelle DW-Trend im Monat Dezember.
Die repräsentative Umfrage hat das Meinungsforschungsinstitut IFAK mit Sitz in Kiew im Auftrag der Deutschen Welle durchgeführt. Dafür wurden telefonisch in Russland und der Ukraine jeweils 1000 Bürger im Alter zwischen 18 und 65 Jahren in Städten mit mehr als 50.000 Einwohnern befragt. In jenen ukrainischen Regionen, die unter Kontrolle der Separatisten stehen, sowie auf der Krim konnten keine Befragungen durchgeführt werden.
Russland verliert landesweit Unterstützung
Eine Freundschaft oder Partnerschaft mit Russland sehen gegenwärtig nur noch zehn Prozent der Ukrainer. 29 Prozent betrachten die Lage als angespannt und 56 Prozent als verfeindet. Vor rund einem Jahr bezeichneten noch 40 Prozent die Beziehungen der beiden Länder als freundschaftlich, partnerschaftlich oder zumindest als neutral. Bezeichnend ist, dass auch in den nicht umkämpften Gebieten im Osten und Süden der Ukraine, die traditionell stets prorussisch eingestellt waren, inzwischen 81 Prozent der Befragten die Situation als angespannt oder verfeindet ansehen. Russland verliert somit auch jene Regionen, auf die es vorher bauen konnte.
Auch eine große Mehrheit der Russen (71 Prozent) wertet inzwischen die ukrainisch-russischen Beziehungen als angespannt oder feindschaftlich. Die vormals freundschaftlich bewerteten Beziehungen zur Ukraine (November 2013: 43 Prozent) sind somit aus Sicht der Russen gänzlich abgesackt.
Patriotismus der Russen für die Krim hat Grenzen
Für viele Russen hört der Patriotismus in der Krim-Frage beim Geldbeutel auf. Rund zwei Drittel (67 Prozent) gaben an, dass sie nicht bereit seien, auf einen Teil ihres Einkommens zu Gunsten einer wirtschaftlichen Erholung der Krim zu verzichten. Offenbar ist die viel beschworene Opferbereitschaft, auf die die russische Regierung setzt, weniger ausgeprägt, als es der Kreml erhofft. Insbesondere mit den noch zu erwartenden Folgen der derzeitigen Rubel-Krise in den nächsten Monaten, kann dies zu einem Problem für den Kreml werden.
Wenige Ukrainer glauben an eine Rückgabe der Krim
Die Mehrheit der befragten Ukrainer (66 Prozent) glaubt nicht, dass es möglich sein wird, die ukrainische Souveränität über die Krim wieder herzustellen. Anderer Meinung ist lediglich ein Fünftel der Bevölkerung des Landes.