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Ukraine-Krise birgt enorme Wirtschaftsrisiken

Günter Haux (mit afp, rtr, dpa)2. Mai 2014

Der IWF warnt vor den wirtschaftlichen Folgen eines Verlustes der Ost-Ukraine und registriert für Russland bereits eine Rezession. Zudem verschärft sich ein Energiestreit zwischen der EU und Russland.

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Industrieanlage in Kriwoi Rog
Bild: picture-alliance/itar-Tass

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat vor den Folgen eines weiteren Zerfalls der Ukraine für die gerade beschlossenen Finanzhilfen gewarnt. Sollte die Übergangsregierung in Kiew die Kontrolle über die Ost-Ukraine verlieren, müsse das Programm im Umfang von 17 Milliarden Dollar (rund 12 Milliarden Euro) überarbeitet werden, heißt es in einem Bericht des IWF zu den Hilfskrediten. Angesichts des wachsenden Einflusses prorussischer Milizen im Osten des Landes gebe es "beispiellose Risiken". Der IWF hatte die Hilfen am Mittwoch (30.04.2014) beschlossen und die Einzelheiten am Donnerstag öffentlich gemacht.

Die industriellen Zentren im Osten der Ukraine sind für die Wirtschaft der früheren Sowjetrepublik von großer Bedeutung. Der Verlust der Ostukraine würde die Staatseinnahmen einbrechen lassen und den Investitionsperspektiven stark schaden, warnte der Währungsfonds. Demnach stehen die östlichen Provinzen Donezk, Lugansk und Charkiw für mehr als 21 Prozent des ukrainischen Bruttoinlandsproduktes und 30 Prozent der Industrieproduktion.

Russland in der Rezession

Die Ukraine-Krise hat Russland nach Ansicht des IWF bereits in die Rezession gestürzt. "Wenn man Rezession definiert als zwei aufeinander folgende Quartale mit negativem Wachstum, dann erfährt Russland aktuell eine Rezession", sagte Antonio Spilimbergo, Leiter einer IWF-Delegation in Moskau, am Mittwoch nach Angaben russischer Nachrichtenagenturen. Grund sei der Rückgang der Investitionen wegen der westlichen Sanktionen. Der IWF senkte zudem erneut seine Wachstumsprognose für Russland von bisher 1,3 Prozent in diesem Jahr auf nur noch 0,2 Prozent. Eine weitere Senkung sei nicht ausgeschlossen, warnte Spilimbergo. Für 2015 rechne der IWF nur noch mit einem Wachstum von 1,0 statt bislang 2,3 Prozent.

Grund für die revidierten Prognosen sei die erhebliche Unsicherheit wegen der geopolitischen Spannungen und der Sanktionen. "All das hat einen sehr negativen Effekt auf das Investitionsklima", sagte Spilimbergo. Die Angst vor Sanktionen könne stärkere Auswirkungen haben als Sanktionen selbst. In diesem Jahr könnten bis zu 100 Milliarden Dollar Kapital aus Russland abgezogen werden. Auch das russische Finanzministerium hatte diesen Monat bereits davor gewarnt, dass das Land im zweiten Quartal in die Rezession abgleiten könne. Das Wirtschaftswachstum in Russland hat sich in den vergangenen Jahren bereits verlangsamt. 2013 legte das BIP um 1,4 Prozent zu - das war der niedrigste Wert seit der Rezession von 2008 und 2009.

Klagen vor der WTO?

Die Spannungen mit Russland haben nach Angaben des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) bereits negative Folgen für die deutsche Wirtschaft. Die Exporte seien stark rückläufig, und die Geschäftserwartungen deutscher Unternehmen trübten sich zunehmend ein, sagte DIHK-Präsident Eric Schweitzer der "Berliner Zeitung". Auch hielten sich die Unternehmen mit großen Investitionen zurück. Sanktionen hält Schweitzer dennoch für ein geeignetes Mittel, um Druck auf die Regierung in Moskau auszuüben.

Mitten in der Ukraine-Krise verschärft sich auch ein bereits seit längerem schwelender Energie-Handelsstreit zwischen Russland und der EU. Nach Angaben von Vertretern der Welthandelsorganisation WTO in Genf bereitet die russische Regierung eine Klage bei der WTO vor. Stein des Anstoßes sind neue europäische Regelungen zur Öffnung der Gas- und Strommärkte. Russland sträubt sich gegen bestimmte Auflagen. So verlangt die EU, Beteiligungen an russischen Erdgas- und Elektrizitätsnetzen zuzulassen. Russische Konzerne fürchten, Anteile veräußern zu müssen und Marktanteile zu verlieren.

Russland ist noch keine zwei Jahre Mitglied der Welthandelsorganisation. In dieser Zeit gab es bereits Dispute mit der EU über den Autohandel und russische Gaslieferungen. Ein Dorn im Auge ist der EU-Kommission insbesondere der staatlich-kontrollierte Gazprom -Konzern wegen dessen Marktmacht in Osteuropa.