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Claudia Roth: "Zeigt mehr ukrainische Kunst und Kultur"

27. Februar 2022

Auch am vierten Tag des Krieges zwischen Russland und der Ukraine macht sich die Kultur für ein sofortiges Ende der Kampfhandlungen stark. Darunter Claudia Roth, Anna Netrebko und die Stiftung Preußischer Kulturbesitz.

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Claudia Roth gestikuliert mit ihrer rechten Hand
Claudia RothBild: Tom Weller/dpa/picture alliance

Kulturstaatsministerin Claudia Roth, die bereits am Freitag (25. Februar) sofortige Hilfen für Kultur- und Medienschaffende in der Ukraine angekündigt hatte, appellierte am Sonntag an Museen, Theater, Konzertveranstalter und andere Kultureinrichtungen in Deutschland: "Zeigt mehr ukrainische Kunst und Kultur!" Gleichzeitig bat sie darum, auch russische und belarussische Kunst und Kultur zu präsentieren, denn "viele Menschen in Russland erheben gerade ihre Stimme, verurteilen den Angriff auf die Ukraine", so Roth. Auch die Menschen in Belarus hätten sehr für die Demokratie gekämpft und müssten nun erleben, wie auch aus ihrem Land heraus die Ukraine überfallen werde.

Weiter sagte Roth: "Wenn wir die Erzählungen und Bilder, die Töne und die Träume der anderen Nationen fühlen und sehen, dann werden wir besser begreifen, dass wir alle dasselbe Ziel haben." Es gehe um eine gemeinsame Zukunft, friedliches Zusammenleben und demokratische Selbstbestimmung. "Lasst uns gemeinsam für ein Europa einstehen, in dem nicht Nationalismus, Bomben und Granaten herrschen. Sondern setzen wir ein Zeichen für Europa, für eine gemeinsame Kultur der Demokratie in Europa."

SPK setzt Zusammenarbeit mit Russland aus

Die von Bund und Ländern getragene Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK), mit zahlreichen Museen, Sammlungen und Instituten auch international eine der wichtigsten Kultureinrichtungen, hat ihrerseits Konsequenzen aus dem Angriff Russlands auf die Ukraine gezogen. "So gut unsere Zusammenarbeit auch war, wir können jetzt angesichts der Geschehnisse in der Ukraine nicht einfach zur Tagesordnung übergehen", sagte Stiftungspräsident Hermann Parzinger der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in Berlin. "Wir haben im Augenblick daher unsere Projekte und Zukunftspläne erst einmal auf Eis gelegt."

Zwischen Deutschland und Russland gibt es intensive kulturelle Beziehungen. In Sachen Beutekunst etwa, den als Folge des Zweiten Weltkriegs in Russland befindlichen Kulturgütern, arbeiten Wissenschaftler beider Seiten eng zusammen. Russland-Kenner Parzinger gilt als zentrale Figur in diesem Prozess. Er verwies auf gemeinsame Ausstellungen, viele Objekte seien inzwischen wieder Teil des internationalen Forschungskreislaufs. "Obwohl Deutschland und Russland unterschiedliche Rechtspositionen in Bezug auf Beutekunst vertreten, haben wir das Trennende zu etwas Verbindendem gemacht. Deutsche und russische Museen arbeiten heute so gut zusammen, dass sie ohne einander gar nicht mehr wollen."

Hermann Parzinger sitzt hinter einem Mikrofon
Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer KulturbesitzBild: Christoph Soeder/picture-alliance/dpa

Gefahr für Kulturgüter in der Ukraine

Mit dem russischen Angriff sieht Parzinger auch eine Bedrohung für kulturelle Einrichtungen in der Ukraine. "Wir wissen, dass von den Angreifern darauf keine Rücksicht genommen wird", sagte der Stiftungschef. Schon bei Angriffen von Separatisten in der Ostukraine 2014 sei etwa das Museum von Donezk mit Raketen beschossen und zu 30 Prozent zerstört worden. Es sei damit zu rechnen, dass durch Raketen- und Bombenangriffe sowie Kampfhandlungen Denkmäler und historische Gebäude zu Schaden kommen.

"Außerdem befinden sich in nahezu allen angegriffenen ukrainischen Städten wichtige Museen mit bedeutenden Sammlungen." Aus Russland empfängt Parzinger unterschiedliche Signale. "Putin ist nicht Russland", sagte er. Er erwähnte einen Offenen Protestbrief, der im Internet kursiert und bereits von hunderten russischen Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen unterzeichnet worden ist. Parzinger lobte deren Mut, da jeder wisse, "dass Widerspruch nicht geduldet wird."

Anna Netrebko: Statement gegen den Krieg

Die russische Starsängerin Anna Netrebko äußerte sich via Instagram zur russischen Invasion in der Ukraine. Sie sei gegen diesen Krieg, schrieb die weltberühmte Operndiva. "Ich bin eine Russin und liebe mein Land, aber ich habe viele Freunde in der Ukraine, und der Schmerz und das Leid brechen mir das Herz. Ich möchte, dass dieser Krieg aufhört und die Menschen in Frieden leben können." Netrebkos Ehemann, der aserbaidschanische Tenor Yusif Eyvazov, veröffentlichte eine fast wortgleiche Erklärung auf Instagram.

Die beiden betonten, sie hätten sich vor ihrer Stellungnahme etwas Zeit genommen, weil die Situation zu ernst sei, "um sie zu kommentieren, ohne wirklich darüber nachzudenken". Netrebko und Eyvazov wandten sich zugleich dagegen, "Künstler oder irgendeine öffentliche Person zu zwingen, ihre politischen Ansichten öffentlich zu machen und ihr Vaterland zu beschimpfen". Dies sollte eine freie Entscheidung sein. "Ich bin keine politische Person", erklärte Netrebko. "Ich bin keine Expertin für Politik. Ich bin Künstlerin und mein Ziel ist es, über politische Unterschiede hinweg zu vereinen."

 

Anna Netrebko in einem weißen Kleid auf der Bühne neben Placido Domingo, hinter beiden MusikerInnen
Anna Netrebko bei der Gala zu ihrem 50. Geburtstag im Kreml neben Placido DomingoBild: Vladimir Gerdo/TASS/dpa/picture alliance

Im vergangenen Jahr hatte die Sopranistin mit einer großen Gala im Kremlpalast in Moskau ihren 50. Geburtstag gefeiert. Dort verlas Kremlsprecher Dmitri Peskow Glückwünsche des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Der Kremlchef würdigte Netrebko, die ihn bei der Präsidentenwahl unterstützt hatte, damals als "offenen, bezaubernden und gutherzigen Menschen mit einem lebensbejahenden Charakter und einer klaren Position als Bürgerin".

pj/ack (mit dpa)