Ukraine Aktuell: Rakete trifft Wohnviertel in Slowjansk
15. April 2023
Das Wichtigste in Kürze
- Mindestens neun Tote nach Raketeneinschlag in ein Wohnhaus
- Selenskyj spricht von Mord und Terror
- Putin setzt Gesetz zur leichteren Einberufung in Kraft
- Finnland baut Grenzzaun zu Russland
- Lula fordert Ende der Waffenhilfe für die Ukraine
Bei einem russischen Luftangriff auf ein Wohngebäude in der ostukrainischen Stadt Slowjansk sind nach ukrainischen Angaben mindestens neun Menschen getötet worden, darunter ein Kleinkind. "Leider hat sich die Zahl der Toten in der Nacht erhöht. Rettungskräfte haben den Körper einer Frau aus den Trümmern geborgen", schrieb der Leiter der Militärverwaltung der Stadt im Donbass, Wadim Ljach, auf Facebook. 21 Menschen seien verletzt worden. In früheren Berichten war von mindestens acht Toten die Rede gewesen.
Nach Angaben aus Kiew wurde Slowjansk am Freitag von sieben Raketen getroffen. Fünf Wohnungen, eine Schule und ein Verwaltungsgebäude wurden dabei beschädigt. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft in Donezk wurden Ermittlungen wegen Verletzung der Kriegsgesetze aufgenommen. "Nach vorläufigen Informationen haben die Besatzer ein S-300-Flugabwehrraketensystem gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt", hieß es.
Im Gebiet Donezk toben mehr als ein Jahr nach dem russischen Überfall auf das Nachbarland die heftigsten Kämpfe. Besonders schwer sind die Gefechte derzeit in der Stadt Bachmut, südöstlich von Slowjansk. Seit Monaten versuchen die russischen Truppen in äußerst verlustreichen Kämpfen, die Stadt mit ihren einst 70.000 Einwohnern einzunehmen. Heute leben dort nur noch wenige Tausend Menschen.
Selenskyj: "Keine Stunde ohne Terror"
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den Angehörigen der getöteten Zivilisten in Slowjansk sein Beileid ausgesprochen. In dieser Woche habe es "keine einzige Stunde ohne russische Morde und Terror" gegeben, sagte Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache. Er dankte allen ukrainischen Soldaten, die das Land verteidigten.
Russische Wehrpflichtige können sich kaum noch einer Einberufung entziehen
Russlands Präsident Wladimir Putin hat ein Gesetz zur einfacheren Mobilisierung russischer Bürger unterzeichnet. Die Vorlage war erst am Mittwoch vom Parlament verabschiedet worden. Ab sofort können Reservisten ihren Einberufungsbescheid auch über ein staatliches Online-Portal erhalten. Selbst die Zustellung an eine andere Person ist gültig. Bislang mussten die Bescheide persönlich angenommen werden.
Die von Putin im September 2022 angeordnete Mobilisierung von 300.000 Reservisten war schleppend verlaufen. Zehntausende Russen waren ins Ausland geflohen. Staatsbürger, die zum Dienst an der Waffe aufgerufen sind, können nun von der Polizei gesucht werden. Das neue Gesetz verpflichtet auch Finanzämter, Universitäten und andere öffentliche Einrichtungen, Hinweise auf Wehrpflichtige zu liefern.
Finnland baut Grenzzaun zu Russland
Weniger als zwei Wochen nach seinem Beitritt zur NATO hat Finnland mit dem Bau eines drei Meter hohen Grenzzauns zu Russland begonnen. Die Kosten werden auf 380 Millionen Euro geschätzt. Der Zaun solle keine Invasion stoppen, sagte der zuständige Projektleiter. Vielmehr sollte die insgesamt 1300 Kilometer lange Grenze dort abgesichert werden, wo am ehesten Migranten erwartet würden.
Finnland befürchtet, dass die Regierung in Moskau eine große Zahl von ihnen nach Finnland weiterleiten könnte. - Das nordische Land ist unter dem Eindruck des russischen Überfalls auf die Ukraine in die NATO eingetreten.
Polen stoppt die Einfuhr ukrainischen Getreides
Polen will künftig kein Getreide oder andere Lebensmittel mehr aus der Ukraine einführen. Dies habe die Regierung zum Schutz der polnischen Landwirtschaft beschlossen, kündigte der Vorsitzende der regierenden Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS), Jaroslaw Kaczynski, auf einem Parteitag an.
In mitteleuropäischen Ländern gibt es große Vorräte ukrainischen Getreides, das preiswerter ist als in der Europäischen Union produziertes. Das hat in Polen für Unmut gesorgt, Landwirte forderten die Einführung von Zöllen. Die Europäische Union verlängerte jedoch die zollfreie Einfuhr von ukrainischem Getreide bis Juni 2024.
Lula fordert Ende der Waffenhilfe für die Ukraine
Der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva hat von den USA ein Ende der militärischen Unterstützung für die Ukraine verlangt. Die Vereinigten Staaten müssten "aufhören, den Krieg zu fördern und anfangen, über Frieden zu reden", sagte Lula bei seinem Besuch in Peking vor Journalisten. Auch die Europäische Union müsse "anfangen, über Frieden zu reden".
Auf diese Weise werde die internationale Staatengemeinschaft in der Lage sein, den russischen Präsidenten Wladimir Putin und den ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj davon zu überzeugen, dass "Frieden im Interesse der ganzen Welt liegt", erklärte der brasilianische Politiker vor seiner Weiterreise in die Vereinigten Arabischen Emirate. Lula war am Freitag zu einem Staatsbesuch in Peking eingetroffen, Brasiliens wichtigstem Handelspartner. Dabei ging es vor allem darum, die bilateralen Beziehungen zu stärken und den Eindruck zu vermitteln, dass "Brasilien wieder ein wichtiger Akteur auf der Weltbühne ist".
Biden: Ermittlungen zu Geheimdienstskandal bald abgeschlossen
Der Skandal um Geheimdokumente über den Ukrainekrieg soll nach dem Willen von US-Präsident Joe Biden bald aufgeklärt sein. Er habe seine Regierung angewiesen herauszufinden, warum der mutmaßliche Geheimnisverräter überhaupt Zugang zu den Informationen hatte, sagte Biden am Rande seines Irland-Besuchs. Außerdem solle das ganze Ausmaß des Vorfalls ausgiebig untersucht werden.
Dem mutmaßlichen Urheber eines der größten US-Geheimdienstskandale drohen mehrere Jahre Haft. Der 21 Jahre alte Militärbeschäftigte Jack T. war am Freitag in Boston im Bundesstaat Massachusetts erstmals einem Richter vorgeführt worden. Dem IT-Spezialisten der Nationalgarde werden unbefugte Entfernung, Aufbewahrung und Übermittlung von Verschlusssachen und nationalen Verteidigungsinformationen zur Last gelegt.
rb/ack (AFP, AP, dpa, Reuters)
Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.