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PolitikEuropa

Ukraine aktuell: Paris liefert doppelt so viele Granaten

28. März 2023

Frankreich will seine monatlichen Lieferungen von Artilleriegranaten an die Ukraine verdoppeln. Die Bundesregierung plant eine kräftige Aufstockung der Militärhilfe für die Ukraine. Unser Nachrichtenüberblick.

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US-Militärhilfe für die Ukraine
Die Ukraine braucht viele 155-mm-Granaten, hier aus Beständen des US-MilitärsBild: Alex Brandon/dpa/AP/picture alliance

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • Frankreich verdoppelt monatliche Lieferungen von Artilleriegeschossen
  • Mehr deutsche Militärhilfe für Kiew geplant
  • Lagebesprechung: Selenskyj tagt nahe der Front
  • Nord-Stream-Explosion: Russland scheitert im Sicherheitsrat
  • Challenger: Auch britische Panzer erreichen die Ukraine

 

Der französische Verteidigungsminister Sébastien Lecornu sagte der Tageszeitung "Le Figaro", sein Land werde ab Ende März die Lieferung von 155-Millimeter-Granaten auf 2000 Geschosse im Monat erhöhen. Frankreich werde die Ausrüstung bereitstellen, die für eine ukrainische Gegenoffensive benötigt würde. 155-Millimeter Munition kann nicht nur durch Geschütze französischen Typs verschossen werden - auch die Artilleriegeschütze des Typs Panzerhaubitze 2000 - der Ukraine von Deutschland bereitgestellt - sind für die Granaten kompatibel. Laut Lecornu steht Frankreich zudem kurz davor, der Ukraine ein versprochenes Luft-Abwehrsystem vom Typ SAMP/T zu liefern. Außerdem prüfe man gemeinsam mit Ministerpräsidentin Élisabeth Borne die Wiederaufstockung eines Unterstützungsfonds für die Ukraine.

Für den Dienstag war ein Treffen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron mit der Rüstungsindustrie geplant, wo er den Übergang in eine von ihm geforderte "Kriegswirtschaft" besprechen will. Der französische Konzern Nexter plant, bis 2025 150.000 Granaten pro Jahr herzustellen - dreimal so viel wie vor Ausbruch des Krieges. Im Februar hatte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg vor einem Munitionsmangel auf ukrainischer Seite gewarnt: An der Front würde mehr Munition verbraucht, als das Bündnis nachproduzieren könne. Seitdem hat die Europäische Union beschlossen, gemeinsam zwei Milliarden Euro für eine Million Geschosse in die Hand zu nehmen.

Mehr deutsche Militärhilfe für Kiew geplant

Die Bundesregierung strebt anscheinend an, die Militärhilfe für die Ukraine erheblich aufzustocken. Dafür will der Haushaltsausschuss in seiner Sitzung am Mittwoch zusätzliche Mittel in Höhe von zwölf Milliarden Euro billigen, wie die Nachrichtenagentur AFP am Dienstag aus dem Ausschuss erfuhr. Dem Ausschuss liegen dazu mehrere Vorlagen aus dem Bundesfinanzministerium vor. Ein Teil des Geldes solle verwendet werden, um im Rahmen einer so genannten "Ertüchtigungsinitiative" Waffen direkt für die Ukraine zu kaufen, hieß es. Ein weiterer Teil solle dazu dienen, Lücken in den Beständen der Bundeswehr zu füllen, die durch die Abgabe von Waffensystemen an die Ukraine entstanden sind.

Ukraine | Panzerhaubitze 2000 in der Donbas-Region
Solche Panzerhaubitzen 2000 hat Deutschland an Kiew übergebenBild: REUTERS

Die ersten Mittel soll die Bundeswehr nach AFP-Informationen bereits in diesem Jahr ausgeben dürfen. Bislang waren dafür für 2023 insgesamt 2,2 Milliarden Euro vorgesehen, diese Summe soll nun steigen. Auch für die Folgejahre stellt der geplante Beschluss Finanzmittel bereit. Insgesamt waren bislang seit Kriegsbeginn rund drei Milliarden Euro für deutsche Waffenhilfen an die Ukraine freigegeben worden. Mit dem für Mittwoch geplanten Beschluss erhöht sich diese Summe auf 15 Milliarden Euro.

Selenskyj reist zu Lagebesprechung in die Nähe der Front

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat seine erste militärische Lagebesprechung mit dem Generalstab außerhalb der Hauptstadt Kiew abgehalten. "Wir haben die allgemeine Situation in den Frontgebieten besprochen, die Stärkung und den Schutz unserer Grenzen entlang der gesamten Front - vom Gebiet Cherson bis zum Gebiet Charkiw", sagte er in seiner täglichen Videoansprache. Details zu den Ergebnissen der Sitzung nannte er nicht.

Die Lagebesprechung fand demnach in der Industriestadt Dnipro statt, in der es viele Rüstungsbetriebe gibt. Zudem besichtigte Selenskyj die Stadt Saporischschja und die im Gebiet Dnipropetrowsk liegenden Städte Nikopol und Marhanets, die häufig russischen Raketenangriffen ausgesetzt sind. "Russische Raketen haben heute Wohngebäude in Saporischschja getroffen", sagte Selenskyj. Diese seien "verbrannt, teilweise leider zerstört". Er warf Moskau erneut bewussten Terror gegen die Zivilbevölkerung vor.

Selenskyj macht Druck auf IAEA

Selenskyj berichtete auch über sein Treffen mit dem Chef der Internationalen Atomenergie-Behörde (IAEA), Rafael Grossi, in Saporischschja. Dort sei es um die Sicherheit des AKW Saporischschja gegangen, das weiter im Süden der Region seit Kriegsbeginn von russischen Truppen besetzt ist. Selenskyj bezeichnet das russische Vorgehen als "radioaktive Erpressung" und den schlimmsten Vorfall in der Geschichte der Kernkraft.

Präsident Wolodymyr Selenskyj und UN-Atomenergiechef Rafael Grossi sitzen mit ihren Delegationen am Verhandlungstisch gegenüber
Präsident Wolodymyr Selenskyj mit IAEA-Chef Rafael Grossi (r., blaue Jacke) Bild: Efrem Lukatsky/AP Photo/picture alliance

Der ukrainische Präsident betonte bei seinem Treffen mit Grossi die Notwendigkeit des Abzugs der russischen Truppen aus dem Atomkraftwerk. Je länger die russische Besetzung andauere, desto größer werde die Bedrohung für die Sicherheit der Ukraine und ganz Europas, sagte er.

Ukraine meldet weitere russische Drohnenattacken 

Die Ukraine meldete auch wieder russische Luftangriffe mit Drohnen. In der Nacht habe das russische Militär Angriffe mit 15 Drohnen aus iranischer Produktion gestartet, teilte der ukrainische Generalstab mit. Vor allem die Hauptstadt Kiew sei ins Visier genommen worden. 14 Drohnen habe die Luftabwehr aber abschießen können. Im westlichen Kiewer Stadtteil Swjatoschyno seien Drohnenwrackteile auf ein Geschäftsgebäude gestürzt und hätten dort einen Brand ausgelöst, hieß es weiter. Ersten Erkenntnissen zufolge wurde niemand verletzt.

Kiewer Feuerwehrleute im nächtlichen Einsatz an dem durch Drohnenwrackteile beschädigten Gebäude
Kiewer Feuerwehrleute im nächtlichen Einsatz an dem durch Drohnenwrackteile beschädigten Gebäude Bild: State Emergency Service of Ukraine/REUTERS

Belarus: Stationierung russischer Atomwaffen durch NATO veranlasst    

Belarus macht die NATO dafür verantwortlich, dass es der Stationierung von russischen Atomwaffen auf seinem Territorium zugestimmt habe. Die Regierung in Minsk sei dazu gezwungen gewesen, weil das "aggressive Vorgehen" der NATO-Staaten die Sicherheit von Belarus bedrohe, erklärte das Außenministerium laut einem Bericht der russischen Nachrichtenagentur TASS. Es handle sich zudem nicht um einen Verstoß gegen internationale Atomwaffensperrverträge, da Belarus keine Kontrolle über die Waffen haben werde.

Russlands Präsident Wladimir Putin hatte am Wochenende angekündigt, taktische Atomwaffen im benachbarten Belarus zu stationieren. Das Land ist der engste Verbündete Russlands bei dessen Krieg gegen die Ukraine, hat bisher allerdings keine eigenen Truppen in die Kämpfe geschickt.

Litauen: Mehr als 750 Millionen Euro für Rüstungsgüter

Das baltische EU- und NATO-Land Litauen, das auch an Belarus grenzt, plant in diesem Jahr militärische Anschaffungen im Wert von 753 Millionen Euro. Dies teilte das Verteidigungsministerium in Vilnius mit. Erworben werden sollen demnach Luftverteidigungssysteme verschiedener Reichweite, taktische tragbare und mobile elektronische Kampfsysteme, außerdem Drohnen sowie Pistolen und Maschinengewehre. Zudem seien gemeinsame Anschaffungen mit den Nachbarstaaten Estland und Litauen geplant, um die militärischen Fähigkeiten der Region an der NATO-Ostflanke zu stärken, heißt es in der Mitteilung.

Litauen grenzt im Süden an Polen und im Südwesten an die russische Ostsee-Exklave Kaliningrad. Der Krieg in der Ukraine wird in dem Baltenstaat als direkte Gefahr für die nationale Sicherheit gesehen. Im Haushalt für 2023 sind Verteidigungsausgaben von fast 1,8 Milliarden Euro eingeplant - oder umgerechnet 2,52 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Nord-Stream-Explosionen: Russland scheitert im UN-Sicherheitsrat

Nur drei der 15 Mitgliedstaaten im UN-Sicherheitsrat haben sich hinter einen russischen Vorstoß für eine internationale Untersuchung der Nord-Stream-Explosionen gestellt. Russland hatte die Vereinten Nationen aufgerufen, eine "umfassende, transparente und unparteiische Untersuchung" zu den Explosionen vom vergangenen September vorzunehmen. Zur Begründung hieß es, Russland sei von den von Deutschland, Dänemark und Schweden eingeleiteten Ermittlungen ausgeschlossen worden.

Andere Mitglieder des UN-Sicherheitsrates wiesen Zweifel an der Objektivität der nationalen Ermittlungen zurück. Der stellvertretende US-Botschafter bei den Vereinten Nationen, Robert Wood, sagte, Russland habe lediglich das Ziel, die laufenden Ermittlungen zu den Detonationen zu diskreditieren. Die Explosionen hatten im September die Ostseepipelines zerstört, die russisches Erdgas nach Deutschland transportieren sollten. Schwedische Ermittlungen weisen auf Sabotage hin. Eine Spur führt in die Ukraine, die jegliche Verstrickung von sich weist.

Ungarn ratifiziert Finnlands NATO-Beitritt

Das ungarische Parlament hat mit großer Mehrheit den NATO-Beitritt Finnlands gebilligt. Über die Aufnahme Schwedens will die regierende rechtskonservative Fidesz-Partei von Ministerpräsident Viktor Orban später entscheiden lassen. Orbans Regierung unterstützt nach eigenen Angaben den NATO-Beitritt beider Länder, eine parlamentarische Mehrheit für die Aufnahme Schwedens sei aber zu unsicher.

Außenansicht des ungarisches Parlaments in Budapest mit der ungarischen Flagge im Vordergrund
Das ungarische Parlament in BudapestBild: Anna Szilagyi/AP Photo/picture alliance

Das EU-Mitglied Ungarn verhandelt derzeit mit Brüssel über die Freigabe von Finanzmitteln in Milliardenhöhe, die aufgrund von Bedenken hinsichtlich der Rechtsstaatlichkeit und Korruption in dem Land zurückgehalten werden. Die Opposition wirft Orbans Partei vor, durch die Verzögerung einer Abstimmung im Falle Schwedens Druck auf das Bündnis ausüben zu wollen.

Westliche High-Tech-Waffen erreichen die Ukraine

Neben den deutschen Leopard-2-Panzern sind auch die ersten britischen Kampfpanzer vom Typ Challenger in der Ukraine eingetroffen. Der ukrainische Verteidigungsminister Oleksij Resnikow hat die "Neuzugänge" für die ukrainischen Streitkräfte inspiziert. Dazu gehören neben den Challenger-Panzern auch deutsche Marder-Schützenpanzer, gepanzerte Lkw vom Typ Cougar und gepanzerte Transporter vom Typ Stryker aus den USA.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und der britische Premier Rishi Sunak stehen vor einem britischen Kampfpanzer des Typs Challenger (Archivbild)
Präsident Selenskyj und der britische Premier Rishi Sunak vor einem britischen Kampfpanzer Challenger (Archiv)Bild: Andrew Matthews/PA Wire/empics/picture alliance

"Vor einem Jahr hätte niemand mit einer so starken Unterstützung unserer Partner gerechnet", erklärte Resnikow auf Facebook. Er bezeichnete die britischen Challenger als "militärische Kunstwerke".

Fechter gegen Wiederzulassung russischer Sportler

Mehr als 300 aktive und ehemalige Fechter haben sich in einem offenen Brief an ihren Weltverband FIE und das Internationale Olympische Komitee (IOC) gegen die Wiederzulassung russischer und belarussischer Sportler ausgesprochen. Die Suspendierung müsse aufrechterhalten werden. Der "ungeheuerliche, einseitige Angriffskrieg und der Bruch des Olympischen Friedens" dürften nicht ignoriert oder gar gebilligt werden, heißt es in dem Appell. "Es wäre ein katastrophaler Fehler, zur Tagesordnung überzugehen."

Die FIE hatte vor knapp drei Wochen die Rückkehr russischer sowie belarussischer Athleten in den Weltsport beschlossen. Die IOC-Exekutive will am Dienstag in Lausanne "Leitplanken" hierfür beschließen.

rb/wa/jj/sti/kle/hf (dpa, afp, rtr, ap, epd, kna, sid)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.