Aktuell: Finnisches Parlament stimmt für NATO-Beitritt
1. März 2023
Das Wichtigste in Kürze:
- Finnlands Parlament votiert für NATO-Beitritt
- Ungarns Parlament debattiert über NATO-Erweiterung
- Belarus unterstützt chinesisches Ukraine-Papier
- Polen kauft 1000 neue Schützenpanzer
- Weiter schwere Kämpfe um Bachmut
Zumindest aus Sicht der Finnen steht einem Beitritt zur NATO nichts mehr im Weg. Das Parlament in Helsinki stimmte mit breiter Mehrheit für einen Regierungsvorschlag zur Gesetzgebung, die für die Mitgliedschaft im westlichen Verteidigungsbündnis erforderlich ist.
Finnland hat eine 1340 Kilometer lange Grenze zu Russland. Angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hatte das nördlichste Land der Europäischen Union im Mai 2022 ebenso wie das benachbarte Schweden die Mitgliedschaft in der NATO beantragt.
Finnland sichert seine Grenze zu Russland
Vor dem Hintergrund der Invasion wird Finnland einen Teil seiner Grenze zu Russland besser sichern. So soll ein 200 Kilometer langer und drei Meter hohen Zaun errichtet werden. Nach der Rodung von Wald soll im März mit dem Straßenbau und der eigentlichen Zauninstallation begonnen werden, wie der finnische Grenzschutz erklärte. Der finnische Staat hat 380 Millionen Euro für die zusätzliche Grenzsicherung eingeplant.
Derzeit gibt es an der finnisch-russischen Grenze nur einfache Holzzäune. Im September waren zahlreiche russische Staatsbürger nach Finnland gekommen, nachdem Kremlchef Wladimir Putin eine Teilmobilmachung für den Einsatz in der Ukraine angeordnet hatte.
Ungarns Parlament erörtert NATO-Beitritte von Finnland und Schweden
Für die Erweiterung der NATO um die beiden nordeuropäischen Länder Finnland und Schweden fehlt nach wie vor die Ratifizierung durch die Türkei und durch Ungarn. Dessen Parlament in Budapest begann an diesem Mittwoch mit einer Debatte über die Annahme der Beitrittsprotokolle.
Der Staatssekretär im Außenministerium, Peter Sztaray, sprach sich im Namen der rechtsnationalen Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban für die Ratifizierung der Beitrittsprotokolle aus. Die Abstimmung könnte in der zweiten Märzhälfte erfolgen, wie aus dem aktualisierten Sitzungsplan des
Parlaments hervorgeht. Die Billigung der Protokolle gilt als gesichert. Auch die Abgeordneten der linken und liberalen Opposition wollen dafür stimmen.
Scholz versichert Balten-Staaten Unterstützung
Bundeskanzler Olaf Scholz hat mit Blick auf den Angriffskrieg gegen die Ukraine den baltischen Staaten den vollen Schutz versichert. "Wir werden gemeinsam jeden Quadratzentimeter des NATO-Territoriums verteidigen", sagte Scholz in Berlin nach einem Treffen mit dem lettischen Ministerpräsidenten Krisjanis Kariņs.
Russlands Präsident Wladimir Putin habe die Geschlossenheit und Entschlossenheit des Westens bei der Unterstützung der Ukraine unterschätzt, sagte Scholz weiter. Er bekräftigte, es werde eine andauernde Unterstützung der Ukraine geben.
Aus lettischer Sicht ist die Unterstützung Deutschlands der Schlüssel für das Überleben der Ukraine, wie Regierungschef Karins in Berlin deutlich machte. "Die Chance, die wir haben ist Ausdauer", sagte er. Putin werde nicht so einfach aufgeben.
Belarus und China wollen Zusammenarbeit ausbauen
Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko hat seine uneingeschränkte Unterstützung für das chinesische Positionspapier zum Ukrainekrieg bekundet. Belarus "unterstützt die Initiative zur internationalen Sicherheit, die Sie vorgelegt haben, voll", sagte Lukaschenko bei einem Treffen mit dem chinesischen Staats- und Parteichef Xi Jinping in Peking.
Der Westen hatte sich zu dem kürzlich vorgelegten chinesischen Zwölf-Punkte-Plan, der unter anderem einen Dialog Russlands und der Ukraine vorschlägt, sehr zurückhaltend geäußert. Die Führung in Peking hat den russischen Angriffskrieg bislang nicht verurteilt.
Lukaschenko hält sich zu einem dreitägigen Staatsbesuch in China auf. Die Freundschaft beider Staaten sei "unzerbrechlich", sagte Xi nach Angaben des Staatsfernsehens. China sei bereit, mit Belarus zusammenzuarbeiten, "um die gesunde und stabile Entwicklung der bilateralen Beziehungen auf hohem Niveau zu fördern", erklärte Xi weiter. Auch Lukaschenko sprach sich für weitere Kooperationen aus.
Polen kauft 1000 neue Schützenpanzer
Die polnische Armee bekommt mehr als tausend neue Schützenpanzer des Typs "Borsuk" (Dachs) und dazu Hunderte Begleitfahrzeuge. Eine Vereinbarung darüber unterschrieb Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak bei der Herstellerfirma Huta Stalowa Wola in Südostpolen, wie die Nachrichtenagentur PAP berichtete.
Ministerpräsident Mateusz Morawiecki hatte die Bestellung zuvor auf Twitter mit den Worten angekündigt: "Wir garantieren den Polen Sicherheit." Dem TV-Nachrichtensender TVP Info erklärte Minister Blaszczak, der Auftrag sei das bisher größte Projekt der polnischen Rüstungsindustrie. Die ersten vier Borsuk-Panzer sollen der Vereinbarung nach bereits im Laufe des Jahres 2023 an die polnische Armee ausgeliefert werden. Er hoffe, dass auch die weiteren Lieferungen schnell erfolgen würden, sagte Blaszczak, ohne einen genauen Termin zu nennen.
Die neuen Panzer aus polnischer Produktion sollen die bisher von der Armee verwendeten Schützenpanzer des sowjetischen Typs BMP-1 ersetzen. Die Bestellung ist Teil einer massiven Aufrüstung und Modernisierung der polnischen Armee, deutlich beschleunigt durch Russlands Krieg in der Ukraine.
Ukraine kann mit Munition rechnen
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell schlägt den Mitgliedstaaten ein "außerordentliches Hilfspaket von einer Milliarde Euro" vor, mit dem der Ukraine Geschütze vom Kaliber 155 Millimeter geliefert werden sollen. Die EU-Länder sollen die Geschütze aus ihren eigenen Beständen an die Ukraine abgeben, wie aus der Vorlage Borrells für das informelle EU-Verteidigungsministertreffen in Stockholm in der kommenden Woche hervorgeht. In einem zweiten Schritt sollen Europas Lager durch eine Gemeinschaftsbestellung wiederaufgefüllt werden.
Das Kaliber 155 Millimeter entspricht dem NATO-Standard für die Artillerie. Solche Geschütze kommen unter anderem in der Panzerhaubitze 2000 zum Einsatz, die Deutschland an die Ukraine geliefert hat. Die Munitionslieferungen an Kiew seien "dringlich", heißt es in Borrells Vorlage weiter.
Selenskyj setzt auf internationale Justiz
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich mit Nachdruck für eine strafrechtliche Aufarbeitung des russischen Angriffskriegs auf internationaler Ebene ausgesprochen. "Wir werden dieses gesamte russische völkermörderische System - von den Rädchen bis zu den Architekten - zerschlagen und vor Gericht bringen", sagte Selenskyj in seiner allabendlichen Videoansprache. Dies sei keine leichte Aufgabe, räumte er ein.
Wenn die "russischen Verbrechen" aber im Rahmen der Rechtsstaatlichkeit von einem internationalen Gericht geahndet würden, garantiere dies auch langfristig die Sicherheit der Ukrainer und anderer Völker. Der russische Angriff auf die Ukraine werde unweigerlich rechtliche Konsequenzen für alle haben, die eine solche Politik konzipiert, gebilligt und umgesetzt hätten, sagte Selenskyj. "Es geht nicht nur um die Ausführenden, sondern auch um die oberste politische und militärische Führung des Terrorstaates." Darüber habe er am Dienstag in Kiew auch mit Karim Khan, dem Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) gesprochen.
Karim Khan sagte in Kiew, er lasse die russischen Raketen- und Drohnenangriffe auf die Energie-Infrastruktur in der Ukraine untersuchen. Die Gründe für die Attacken müssten herausgefunden und es müsse überprüft werden, ob es ein Muster dafür gebe. Bei den russischen Attacken auf ukrainische Stromnetze kamen hunderte Zivilisten ums Leben. Millionen Ukrainer hatten zeitweise keinen Strom und kein Wasser. Die Energieversorgung ist in Teilen des Landes weiter massiv gestört.
Ein Vorgehen des Internationalen Strafgerichtshofs zum Beispiel gegen Kremlchef Wladimir Putin ist derzeit unter anderem deswegen nicht möglich, weil weder Russland noch die Ukraine Vertragsstaaten des IStGH sind. Die Ukraine hatte aber nach der Krim-Annexion 2014 die Gerichtsbarkeit des Strafgerichtshofs für alle Verbrechen auf ihrem Territorium anerkannt. Kiew wirbt zudem um internationale Unterstützung für ein Sondertribunal.
Weiter schwere Kämpfe um Bachmut
Im Osten der Ukraine dauern die Kämpfe um die strategisch wichtige Stadt Bachmut an. Nach Angaben des ukrainischen Militärs steht die Stadt mit einst 70.000 Einwohnern im Gebiet Donezk unter russischem Feuer. Die Streitkräfte in Kiew teilten auch mit, dass Scharfschützen eine Gruppe russischer Aufklärer erschossen hätten, die in der Nacht zu ukrainischen Stellungen vordringen hätten wollen. Sieben Russen seien getötet, drei verletzt worden. Die Angaben waren unabhängig nicht zu überprüfen.
In Bachmut halten sich heute nur noch wenige Tausend Zivilisten auf. Die ukrainische Militärführung hatte die Lage um Bachmut zuvor schon als äußerst gespannt bezeichnet. Deshalb gibt es zunehmend Spekulationen um einen Rückzug der ukrainischen Truppen. Ukrainische Militärblogger berichteten von Fortschritten der Russen nördlich und nordwestlich der Stadt. Bachmut ist bereits seit dem Spätsommer umkämpft.
USA versprechen zentralasiatischen Ex-Sowjetrepubliken Unterstützung
US-Außenminister Antony Blinken hat bei einem Besuch in Zentralasien den Ländern der Region angesichts der russischen Invasion in der Ukraine Unterstützung bei der Sicherung ihrer Souveränität versprochen. In Anwesenheit von Vertretern aus Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan versicherte Blinken in Astana, Washington unterstütze ihre "Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Integrität". Der US-Außenminister kündigte zusätzliche Hilfen in Höhe von 25 Millionen Dollar für die fünf Länder an.
Die zentralasiatischen ehemaligen Sowjetrepubliken haben sich, anders als Belarus, im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht auf die Seite Moskaus geschlagen. Alle fünf Staaten hatten sich bei der Abstimmung der UN-Vollversammlung über die UN-Resolution für einen russischen Truppenabzug aus der Ukraine vergangene Woche enthalten.
G20-Außenminister treffen sich in Indien, Hauptthema der Krieg
Gut ein Jahr nach Beginn des russischen Einmarsches in die Ukraine treffen sich die Außenminister der G20-Runde der führenden Wirtschaftsmächte in Indien. Außenministerin Annalena Baerbock rief vor Beginn zu einem klaren Signal gegen den Angriffskrieg auf. Mit Spannung wird der Auftritt des russischen Außenministers Sergej Lawrow in der Hauptstadt Neu Delhi erwartet. Im vergangenen Juli hatte Lawrow beim G20-Außenministertreffen auf der indonesischen Ferieninsel Bali für einen Eklat gesorgt. Damals verließ er den Saal direkt nach seiner Rede und hörte sich die Wortmeldungen seiner Kritiker nicht mehr an. Das G20-Treffen in Indien gilt als die erste große Konferenz seit Bali, bei der Lawrow mit westlichen Kolleginnen und Kollegen zusammentrifft.
Neben Lawrow werden auch der neue chinesische Außenminister Qin Gang und US-Außenminister Antony Blinken in Neu Delhi erwartet. Bei dem G20-Treffen dürfte auch das im Westen mit viel Skepsis aufgenommene chinesische Positionspapier für ein Ende des von Russland begonnenen Krieges eine Rolle spielen. Moskau hat das Papier begrüßt, sieht laut Kremlsprecher Dmitri Peskow derzeit aber keinen Ansatz für eine friedliche Lösung. Das Erreichen der Kriegsziele in der Ukraine hat nach Kremlangaben Vorrang vor möglichen Friedensverhandlungen.
Zu den G20 gehören die Europäische Union und die stärksten Volkswirtschaften aller Kontinente: Argentinien, Australien, Brasilien, China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Indien, Indonesien, Italien, Japan, Kanada, Mexiko, Russland, Saudi-Arabien, Südafrika, Südkorea, die Türkei und die USA.
se/as/qu/rb/pg/AR (dpa, rtr, afp)
Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.