Uiguren bei Abschiebung erschossen?
9. Juli 2015Mehr als 90 Männer, Frauen und Kinder der muslimischen Minderheit der Uiguren sind nach Angaben der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) mit zwei chinesischen Maschinen aus der thailändischen Hauptstadt Bangkok nach China ausgeflogen worden. Laut der Exilgruppe "Weltkongress der Uiguren" leisteten viele beim Besteigen der Maschinen Widerstand. Augenzeugen berichteten telefonisch, Sicherheitskräfte hätten auf die Flüchtlinge geschossen, die sich gegen ihre Deportation gewehrt hätten. Bis zu 25 Menschen seien erschossen worden.
Uiguren in ihrer Heimat vom Tode bedroht
Die Gesellschaft für bedrohte Völker appellierte an das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte, die Berichte unverzüglich von unabhängigen Experten untersuchen zu lassen. "Den Abgeschobenen droht in China akute Lebensgefahr, da ihre Flucht illegal war und sie von den chinesischen Sicherheitskräften als mutmaßliche Terroristen behandelt werden", wies der GfbV-China-Experte Ulrich Delius darauf hin. "Wer wider besseren Wissens Menschen in den sicheren Tod oder in Folter und lebenslange Haft abschiebt, missachtet das Völkerrecht und elementare Grundsätze des Flüchtlingsschutzes."
In Peking erklärte die Sprecherin des Außenministeriums, Hua Chunying, gegen mutmaßliche Gesetzesbrecher unter den Abgeschobenen werde vorgegangen.
Ein Sprecher des zuständigen UN-Büros äußerte sich zur Abschiebeaktion generell und sprach von einer skandalösen Verletzung internationalen Rechts durch die thailändische Militärregierung. Ähnlich reagierte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch.
Uiguren auch in die Türkei abgeschoben
Thailands Behörden hatten im vergangenen Jahr mehr als 250 Uiguren ohne Visa aufgegriffen und festgenommen. Die Abschiebung sei "nach Protokoll" erfolgt, meinte ein Sprecher, also nach Identifizierung von China als Heimatland. Ende Juni waren bereits mehr als 170 Uiguren in die Türkei abgeschoben worden, die sie als Heimatland angegeben hatten.
Mit der Türkei fühlen sich die Uiguren kulturell und religiös verbunden. Die meisten der insgesamt etwa zehn Millionen Angehörigen des Turkvolks leben in der Region Xinjiang im Nordwesten Chinas. Sie werden von der Regierung in Peking sozial, kulturell und wirtschaftlich benachteiligt. Die chinesische Führung sieht in den Uiguren Separatisten und macht sie für zahlreiche Anschläge verantwortlich.
Im türkischen Istanbul gab es am Mittwochabend gewaltsame Proteste gegen Chinas Uiguren-Politik. Mehr als 200 Demonstranten drangen in das thailändische Konsulat ein und verwüsteten Teile der Einrichtung. Mehrere Randalierer wurden festgenommen.
se/SC (GfbV, ape,kna, afp, dpa)