Wenn Liebe bestraft wird
21. September 2012"Es ist ein ganz bestimmtes Gefühl, wenn du weißt, dass du nicht willkommen bist." Das ist einer der zentralen Sätze im Film "Call me Kuchu" - ein Dokumentarfilm über Schwule und Lesben, die in ihrem Heimatland Uganda um ihre Rechte ringen. "Kuchu", so nennen sich Homosexuelle in dem ostafrikanischen Land selbst. Die Filmemacherinnen Katherine Fairfax-Wright (USA) und Malika Zouhali-Worrall (Großbritannien) wählten diesen Namen für ihren Film. Die Idee dazu entstand, als die beiden Frauen - eine Journalistin und eine Filmemacherin - in Uganda arbeiteten. "Wir hörten von dem Transgender-Aktivisten Viktor Mukasa: Er hatte den damaligen ugandischen Polizeichef wegen Belästigung durch die Polizei verklagt und vor Gericht sogar Recht bekommen", erklärt Malika Zouhali-Worrall. "Das faszinierte uns und wir wollten wissen, wie das sein kann: Auf der einen Seite die Verfolgung von Schwulen und Lesben durch die Regierung und auf der anderen Seite eine Justiz, die offenbar unabhängig genug ist, um Homosexuelle in ihren Grundrechten zu schützen."
Der Weg über die westlichen Medien
"Ich bin der erste schwule Mann in Uganda, der sich offen zu seiner Homosexualität bekennt. Von Beruf bin ich Lehrer", stellt sich David Kato in dem Film vor. Um ihn und seine Mitstreiter geht es in "Call me Kuchu". Gemeinsam bekämpfen sie ein geplantes Gesetz, das die Todesstrafe für HIV-Positive fordert, außerdem Gefängnisstrafe für jeden, der seine homosexuellen Bekannten nicht bei der Polizei meldet. Und die Kuchu haben Erfolg: Das ugandische Parlament gibt dem starken internationalen Druck nach und legt den Gesetzentwurf auf Eis. Filmemacherin Zouhali-Worrall erklärt die Strategie ihres Protagonisten: "David war sehr gut darin, seine Botschaft über die Medien zu transportieren - vor allem mit dem Umweg über die internationale Presse." So habe er es geschafft, auch Medien in Uganda zu gewinnen:" Oft stürzt sich die ugandische Presse auf ein Thema, das beispielsweise schon von CNN aufgegriffen wurde. Aber wenn lokale Medien von sich aus solche Themen aufgreifen, gehen sie ein großes Risiko ein." David Kato selbst kann seinen Film nicht mehr sehen. Im Januar 2011, noch während der Dreharbeiten zu "Call me Kuchu", wurde er brutal ermordet. Schwule und Lesben in Uganda sind sich sicher, dass er wegen seiner Homosexualität umgebracht wurde. Auch das ist Teil des Films: Der Mord und die Bestürzung der Kuchu-Aktivisten darüber, einen der ihren auf so grausame Weise verloren zu haben.
Viele "Kuchu" sind gläubige Christen
Wie Kato leiden zwar viele Homosexuelle in Uganda unter Gewalt und Verfolgung. Trotzdem musste Regisseurin Katherine Fairfax-Wright ihr Bild revidieren: "In den westlichen Medien war die Perspektive des Opfers allgegenwärtig, und auch wir waren mit dieser Haltung an den Film gegangen. Aber vor Ort haben wir dann etwas ganz anderes erlebt: Nämlich Menschen, die bereit sind, alles zu riskieren - für eine bessere Zukunft." Überrascht sei sie über die große Anzahl der verschiedenen Lesben- und Schwulen-Organisationen gewesen. Und dass die Mehrheit der Kuchu sehr religiös sei: "Es geht ihnen nicht darum, liberaler zu werden, und dann den Glauben aufzugeben. Sie wollen als gute Christen leben und von ihrer Kirche akzeptiert werden."
Über ihnen schwebt allerdings weiterhin das geplante Gesetz wie ein Damokles-Schwert. Vor einem halben Jahr brachte das ugandische Parlament den Entwurf wieder auf den Tisch - Ausgang offen. Polizei und Behörden gehen weiterhin hart gegen Schwule und Lesben vor. Vergangene Woche wurde der britische Theatermacher David Cecil verhaftet, weil er ein Stück über einen schwulen Mann aufgeführt hatte. Auf Kaution wurde er einige Tage später freigelassen, aber ihm drohen zwei Jahre Gefängnis wegen mutmaßlicher Anstiftung zu Homosexualität. Das riskieren auch die Filmemacherinnen Katherine Fairfax-Wright und Malika Zouhali-Worrall, wenn sie ihren Film öffentlich in Uganda zeigen. Doch sie halten zu ihren neuen Freunden: "Wenn die Kuchu-Leute wirklich möchten, dass der Film in ihrem Land aufgeführt wird und dass wir dabei sind - dann werden wir das tun.