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„Türkische Zyprer wollen Vereinigung der Insel“

17. Februar 2005

Die Parlamentswahlen am Sonntag und auch die Präsidentenwahl am 17. April werden darüber entscheiden, ob der Konflikt gelöst werden kann, so der amtierende nordzyprische Ministerpräsident Talat in einem DW-Interview.

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Ministerpräsident Mehmet Ali Talat will ein Ende der IsolationBild: AP

DW-RADIO/Türkisch: Am Sonntag gehen die Wähler in Nordzypern wieder zu den Wahlurnen. Mit Blick auf die Lösung des Zypern-Problems: Wo ist der Unterschied zwischen Ihren Erwartungen und der Haltung der der Opposition?

Mehmet Ali Talat: Diese Wahlen werden die neue politische Vision und damit die von der Weltöffentlichkeit anerkannte Haltung der türkischen Bevölkerung in Zypern bestätigen, die die Lösung des Zypern-Problems anstrebt. Hier liegt die Bedeutung dieser Wahlen, die den Lösungswunsch der zyprischen Türken zum Ausdruck bringen werden. Diese neue politische Vision ist nicht vorübergehend, sondern beständig. Die türkischen Zyprer sind nicht separatistisch, sondern sie wollen eine Vereinigung auf der Insel. Die Politik der Opposition und insbesondere die der Partei der nationalen Einheit ist darum bemüht, die zyprischen Türken zurück in die Vergangenheit zu führen.

Meinungsumfragen zeigen, dass die nordzyprischen Bürger kein großes Interesse für die Parlamentswahlen zeigen. Sind die Menschen wahlmüde oder haben sie die Hoffnung aufgegeben?

Die Wahlmüdigkeit ist richtig. Es gab Wahlen nacheinander und eine Volksabstimmung. Aber ich glaube, dass trotzdem die nordzyprische türkische Bevölkerung sich in einer Phase der ernsthaften Entschlossenheit befindet.

Die Erwartungen der Inseltürken beim Referendum über die Wiedervereinigung waren groß. Die türkische Seite hat mit 65-prozentiger Mehrheit „Ja“ zu einer Vereinigung der Insel gesagt, die griechische Seite aber „Nein“ mit mehr als 75 Prozent. Was muss jetzt gemacht, welche Schritte müssen unternommen werden, damit eine Lösung gefunden werden kann?

Den wichtigsten Schritt muss jetzt die internationale Öffentlichkeit machen: Die Beendigung der Isolation der Zyperntürken. Es sollte aber nicht nur daran gedacht werden, dass sich dadurch das Leben der Türken vereinfacht. Gleichzeitig würden Papadopoulos und damit die griechische Seite davon überzeugt, sich in Richtung einer Lösung zu bewegen. Deshalb sollte die Beendigung der Isolationen nicht allein auf wirtschaftliche Gründe zurückgeführt werden. Es wird viele sehr ernsthafte politische Vorteile geben. Es wird auf der griechischen Seite zu einer neuen Diskussion kommen. Die griechische Bevölkerung wird anfangen einzusehen, dass Papadopoulos ihnen bislang nicht die Wahrheit gesagt hat. Ich sehe keinen anderen Ausweg als diesen.

Nach dem Referendum auf der Basis des Annan-Plans vor dem Beitritt Zyperns zur EU waren in Reaktionen aus Europa die Inseltürken als „gute Europäer“ gelobt worden. Aber das Embargo gegen Nordzypern besteht auf vielen Gebieten dennoch fort. Andererseits läuft auch der EU-Prozess der Türkei. Welche Wirkung wird dieser Prozess auf die Lösung in Zypern haben?

Es wird eine große Wirkung haben. Bevor die Türkei EU-Mitglied wird und zumindest in der letzten Phase der Beitrittsprozedur muss der Zypern-Konflikt beendet sein. Für die Türkei aber wäre es von Vorteil, dass der Konflikt lange vorher gelöst wird. Auch die EU wird davon profitieren. Daher glaube ich, dass die EU ihre Lösungsbemühungen nicht anhalten, sondern vielmehr verstärken wird. Die EU zieht es vor, dass der Zypern-Konflikt gelöst oder zumindest sich auf dem Weg zur Lösung befindet, wenn sie sich mit der Türkei zu Beitrittsverhandlungen an den Tisch setzt. Daher wird der EU-Prozess der Türkei die Konfliktlösung beschleunigen.

Am 17. April wird in Nordzypern eine neue Ära eingeleitet. Es wird ein neuer Präsident gewählt und die Zeit von Rauf Denktasch beendet. Wie sollte die Unterstützung der Person, die sich auf den Stuhl von Denktasch setzt, für die neue Regierung in Richtung Konfliktlösung aussehen?

Es geht hier um einen umfassenden Führungswechsel. Es war im Norden Zyperns nicht ausreichend, dass ein Regierungswechsel stattgefunden hat. Auch wenn es eine andere Regierung gibt, bleibt das Präsidentenamt eine sehr wichtige Institution insbesondere im Zusammenhang mit dem Zypern-Konflikt. Es ist sehr wichtig, dass dieses Amt zu einer Haltung gelangt, die die Lösung und damit die EU-Forderung unterstützt. Ich erwarte, dass im Falle einer Entscheidung für einen proeuropäischen Präsidenten dieser Hand in Hand mit der Regierung auf dem Weg der Konfliktlösung fortschreitet.

Das Interview führte Baha Güngör,

DW-RADIO/Türkisch, 17.2.2005, Fokus Ost-Südost