Türkei-Wahl: Erdogan-Herausforderer Muharrem Ince gibt auf
11. Mai 2023Kurz vor der ersten Runde der Präsidentenwahl in der Türkei ist der Politiker Muharrem Ince überraschend aus dem Rennen ausgestiegen. "Ich ziehe meine Kandidatur zurück", sagte der Vorsitzende der Partei Memleket (Vaterland) bei einer Pressekonferenz in Ankara.
Damit steigt die Wahrscheinlichkeit einer Entscheidung in der ersten Wahlrunde. Im Rennen um das Präsidentenamt stehen nun neben Amtsinhaber Recep Tayyip Erdogan noch der Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu und Sinan Ogan, der Kandidat einer ultranationalistischen Allianz.
In den Umfragen hatte Ince, ein erklärter Gegner von Präsident Erdogan, nur bei zwei bis vier Prozent der Stimmen gelegen. Ince war Erdogan als Kandidat seiner früheren Partei CHP bei den Präsidentschaftswahlen 2018 unterlegen. Der Politiker hatte 2021 die Vaterlands-Partei gegründet.
Seine erneute Kandidatur hatte Diskussionen ausgelöst: Kritiker argumentierten, dass er damit eine Niederlage des aussichtsreichsten Erdogan-Herausforderers und jetzigen Kandidaten der CHP, Kemal Kilicdaroglu, wahrscheinlicher mache. Kilicdaroglu ist Sozialdemokrat und gemeinsamer Kandidat des oppositionellen Sechs-Parteien-Bündnisses.
Die Chancen auf einen Sieg Kilicdaroglus dürften sich erhöhen
Meinungsforschern zufolge zieht Ince vor allem Protestwähler an. Er ist zudem bei jungen Wählern beliebt.
Der 59-Jährige sprach in seiner Rede von "verleumderischen" Aufnahmen. In den vergangenen Tagen waren Korruptionsvorwürfe gegen ihn laut geworden und kompromittierende Bilder aufgetaucht. Ob diese authentisch sind, ist völlig unklar.
Nach Inces Rückzug dürften sich die Chancen auf einen Sieg Kilicdaroglus erhöhen. Hätte die Opposition bei der anstehenden Wahl verloren, hätten sie "alle Schuld" auf ihn geworfen, begründete Ince außerdem seinen Rückzug.
Erste Runde der Präsidentenwahl am Sonntag
In der Türkei werden am Sonntag ein neuer Präsident und ein neues Parlament gewählt. Der seit 20 Jahren zunächst als Ministerpräsident und seit 2014 als Staatschef regierende Erdogan könnte abgewählt werden.
Kilicdaroglu liegt in den meisten Umfragen in zwei bis zehn Prozentpunkte vor Erdogan. Sollte keiner der Kandidaten im ersten Durchgang mehr als 50 Prozent der Stimmen erhalten, treten die beiden Bestplatzierten in einer Stichwahl gegeneinander an.
pg/sti (dpa, afp)