Tschechisches Parlament segnet EU-Vertrag ab
18. Februar 2009Das tschechiche Abgeordnetenhaus hat am Mittwoch (18.02.2009) mit knapper Mehrheit dem EU-Reformvertrag zugestimmt. Nach Angaben des Vize-Parlamentspräsidenten Lubomir Zaoralek votierten 125 Abgeordnete für den Vertragsentwurf und 61 dagegen. Nötig waren 120 Ja-Stimmen.
Nun muss noch die zweite Parlamentskammer, der Senat, zustimmen. Das wird frühestens für April erwartet. Präsident Vaclav Klaus, der den Lissabon-Vertrag entschieden ablehnt, will das Dokument anschließend nur unterzeichnen, wenn auch Irland dem Vertrag zustimmt. Die Verzögerungen könnten für die EU-Ratspräsidentschaft, die in diesem Halbjahr turnusgemäß bei Tschechien liegt, zur Belastung werden.
Topolanek hatte Abgeordnete vor Isolierung des Landes gewarnt
Die Abstimmung im tschechischen Abgeordnetenhaus war am Dienstag nach dreistündiger kontroverser Debatte zum wiederholten Mal vertagt worden. Ministerpräsident Mirek Topolanek hatte die Abgeordneten vor einer Isolierung des Landes gewarnt, sollte es den Vertrag blockieren.
Damit der EU-Reformvertrag in Kraft treten kann, müssen alle 27 EU-Mitglieder zustimmen. Nach Willen der EU soll er möglichst noch 2009 in Kraft treten. Allerdings ist der Vertrag in vier Ländern noch nicht ratifiziert. Neben Tschechien und Irland ist die Ratifizierung auch in Deutschland und Polen noch nicht abgeschlossen.
Auch Kaczynski will erst nach irischem Ja zustimmen
Ähnlich wie der tschechische Präsident Klaus gilt auch Polens Staatspräsident Lech Kaczynski als Euro-Skeptiker. Er will den Vetrag, den das Parlament in Warschau bereits gebilligt hat, ebenfalls erst nach einer Zustimmung Irlands unterzeichnen.
Die Iren sollen bis spätestens Oktober erneut über das Vertragswerk abstimmen. Im Juni 2008 hatte eine Mehrheit der Wähler die EU-Reform abgelehnt und die Europäische Union dadurch in eine schwere Krise gestürzt.
Bundesverfassungsgericht prüft Klagen gegen den Vertrag
In Deutschland ist das parlamentarische Ratifizierungsverfahren abgeschlossen. Bundespräsient Horst Köhler will mit seiner Unterschrift jedoch warten, bis das Bundesverfassungsgericht über Klagen gegen den Vertrag entschieden hat. Die Richter prüfen, ob das Vertragswerk der EU zu viele Zuständigkeiten einräumt und damit die staatliche Souveränität Deutschlands aushöhlt. Mit dem Urteil wird frühestens im Sommer gerechnet.
Der EU-Reformvertrag soll die europäische Verfassung ersetzen, die im ersten Anlauf an Volksbefragungen in Frankreich und den Niederlanden gescheitert war. Brüssel will die Europäischen Union mit dem Vertrag von Lissabon zukunftsfähig machen. So beinhaltet der Entwurf zum Beispiel weniger Veto-Möglichkeiten für einzelne Mitgliedsstaaten. (kis)