Weihnachten Krise
24. Dezember 2012In der Einkaufsstraße von Glyfada reiht sich ein schickes Cafés an das andere, noble Geschäfte mit Haute Couture haben ihre Schaufenster weihnachtlich geschmückt. Doch in den Läden herrscht gähnende Leere. Ein älteres Paar flaniert an den Boutiquen vorbei. Sie bummeln sehr gerne hier, sagt sie. Aber große Einkäufe seien nicht mehr drin - auch nicht zu Weihnachten.
Auch die Weihnachtsdekoration für die Wohnung und die Festtafel fielen in diesem Jahr bescheiden aus: "Ich bin arbeitslos, meinem Mann wurde die Rente um die Hälfte gekürzt. Wir können nicht einmal unseren Enkelkindern Geschenke machen. Weihnachten vergessen wir dieses Jahr."
Geschenke vom Heiligen Basilius
In Griechenland bekommen hauptsächlich die Kinder Geschenke. Wer an Heiligabend die "Kálanta" singt, bekommt als Belohnung Geld und Süßes. An Weihnachten trifft sich die Familie zum Essen und feiert die Geburt Christi. Die eigentlichen Geschenke bringt der Heilige Basilius traditionell erst in der Neujahrsnacht. Manche Bräuche aus anderen Ländern haben Einzug gehalten. So gibt es viel blinkenden Weihnachtsschmuck und auch Tannenbäume, oft aus Plastik.
Auch in Griechenland machen die Händler vor Weihnachten ihr Geschäft des Jahres - doch lange nicht so üppig wie in der Vergangenheit. So erwartet die Spielzeugbranche in diesem Jahr einen Einbruch von zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Ein Besuch im Geschäft für Kinderspielzeug der Athener Metro Mall: Hier will man sich nur ungern zu den Geschäftszahlen äußern. Und sonst? Ein Bild wie derzeit überall in Griechenland: Menschen schlendern durch die Geschäfte, kaufen aber kaum etwas.
Bummeln ja, shoppen nein
Zeit zum Schlendern haben jetzt viele mehr als zuvor, schließlich liegt die Arbeitslosigkeit nach Angaben der Dachorganisation der Arbeitnehmergewerkschaften (GSEE) bei 24 Prozent. Im Privatsektor soll nach Berechnungen der Nationalbank sogar jeder Dritte arbeitslos sein. Geld dagegen ist Mangelware: Fast um ein Drittel sanken die Löhne von 2010 bis heute, so die GSEE.
In der "Ermoú-Straße", der zentralen Fußgängerzone am Syntagma-Platz, herrscht geschäftiges Treiben. Die Weihnachtsdekoration glitzert in den Schaufenstern. In manchen Schuhgeschäften haben die Händler Schilder neben ihre Ware gestellt, auf denen steht: "Echt Leder und echt griechisch." Doch auch dieser Anreiz, mit dem Kauf die heimische Wirtschaft anzukurbeln, greift nicht.
Weihnachtstraditionen wahren
Salépi, ein aromatisches, heißes Gebräu aus der Orchideen-Wurzel mit Zimt und Zucker, kann man vor der Kapnikaréa-Kirche erstehen. Ein Wintergetränk, das gut zu den traditionellen griechischen Weihnachtssüßigkeiten passt: Kourambiédes, dick mit Puderzucker bestäubte Mandel-Kipferl, und Melomakárona, in Honigsirup getränkte Kekse mit Walnüssen.
Zu den Traditionen gehöre es aber auch, die Wohnung zu schmücken und den Kindern etwas zu schenken, sagt Dimitrios Katifelis. Er betreibt ein Geschäft mit saisonaler Dekorationsware. Gerade ist der Laden voll mit Weihnachtsmännern, Engeln, Adventskalendern, Glöckchen und anderem Schmuck. Als er schon im Oktober das Schaufenster dekorierte, freuten sich die Passanten, berichtet der Händler. "Bravo, sagten sie, endlich etwas Erfreuliches, Schönes, das unsere schlechte Laune vertreibt."
Geschenke für fünf Euro
Denn so wie man in Griechenland Osterfeste, Hochzeiten und Taufen groß feiere und dafür Geld ausgebe, begehe man eben auch das Weihnachtsfest. Man tausche Geschenke und gute Wünsche aus, sagt Katifelis. "Soll diese Tradition auch noch in der Krise untergehen?", fragt der Geschäftsmann Großeltern, deren größte Freude es war, den Enkelkindern etwas zu schenken, haben plötzlich nur noch 400 Euro Rente übrig: "Sie kommen rein und sagen: Mein Junge, mir gefällt alles hier, aber meine Rente ist gekürzt worden. Hast du nicht etwas für fünf, sieben oder zehn Euro?"
Derzeit machten sich die Griechen allerdings auch gegenseitig das Leben schwer, findet der Geschäftsmann. "Jeden Tag gibt es Streik, jeden Tag machen sie die Straßen dicht. Das ist das größere Problem. Denn wenn man durchkommt, geht man auch einkaufen und freut sich daran. Wenn aber alles dicht ist, geht niemand in die Stadt." Er verstehe zwar die Demonstranten, aber als Geschäftsmann müsse er eben auf seinen Umsatz schauen. Und der gehe in den Keller, wenn die Luft draußen voller Tränengas sei.
Ein paar Schritte weiter verkauft eine ältere Frau Maiskolben am Holzkohlegrill und unterhält sich mit einer Bekannten. Weihnachtsgeschenke für die Enkel? Da kann sie nur bitter lachen. Ihr Geld reiche kaum für die laufenden Kosten, sagt sie: "Die Enkel werden Süßigkeiten bekommen, mehr ist schon seit langem nicht mehr drin."