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Politik

Trump "spielt einfach Spiele"

Michael Knigge Great Falls, Maryland
5. Januar 2019

Der bei Washington gelegene Chesapeake and Ohio Canal National Historic Park ist geschlossen. Die wenigen Besucher, die dennoch da sind, haben eine klare Meinung zur Haushaltsblockade, wie Michael Knigge berichtet.

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USA, Chesapeake and Ohio Canal National Historic Park
Bild: DW/M. Knigge

Gegen die morgendliche Kälte mit zwei Paar übereinander angezogenen Handschuhen geschützt, absolviert Janette Alsford ihre tägliche Fahrradrunde im Chesapeake and Ohio Canal National Historic Park. Wie sie in den Park hineinkam? Sie habe sich mit ihrem Fahrrad in den Nationalpark "reingeschlichen" und werde dies bis zum hoffentlich baldigen Ende der Haushaltssperre auch weiter tun, sagt die Grafikdesignerin, die in der Umgebung wohnt, schmunzelnd. Der Nationalpark ist zwar offiziell für die Öffentlichkeit geschlossen, die Station der Parkranger verwaist und die Zufahrt mit Auto und Bussen gesperrt. Aber Besucher zu Fuß oder per Rad können das weitläufige Gebiet auf eigenes Risiko von vielen Seiten aus problemlos betreten oder befahren.          

Alsford ist an diesem trüb-kalten Freitagmorgen, dem 14. Tag des so genannten "Shutdowns" in den USA, dennoch eine von ganz wenigen Besuchern im Park. "Normalerweise wäre es voll", sagt sie. Aber die Kälte und vor allem der "Shutdown" haben viele Besucher abgeschreckt. Der Park mit seinen zahlreichen Lauf- und Wanderpfaden mit Blick auf die reißenden Stromschnellen des Potomac-Flusses ist normalerweise eine der Hauptnatursehenswürdigkeiten im Großraum Washington und zieht Touristen und Einheimische gleichermaßen an.

USA, Chesapeake and Ohio Canal National Historic Park - Janette Alsford
Janette Alsford hofft, den Rangern bald ihre Neujahrskarten übergeben zu könnenBild: DW/M. Knigge

Aber nicht nur die Touristen sind wegen des "Shutdowns" gar nicht erst angereist, auch viele Einheimische, die wie Alsford normalerweise jeden Tag in den Park kommen, bleiben weg. "Viele Leute kommen normalerweise hierher, um mit ihrem Hund Gassi zu gehen", sagt sie. "Ich kenne sie nicht richtig, aber ich winke immer drei oder vier Leuten zu, die ich jeden Tag sehe."

Neujahrskarten für die Ranger

Am meisten bedauert Alsford jedoch das Fehlen der Parkranger, besonders die Abwesenheit des immer gleichen Rangers, der für sie allmorgendlich die Schranke zum Park öffnet. "Wir haben einfach ein sehr gutes Verhältnis zueinander, deshalb vermisse ich ihn", sagte sie und ergänzt: "Ich habe sogar noch Neujahrskarten für die Ranger in meiner Tasche, die wollte ich ihnen geben, aber sie sind leider nicht da."

Wer für den "Shutdown" und damit für die Abwesenheit der Nationalparkranger, die wie insgesamt 800.000 US-Regierungsangestellte derzeit zu Hause bleiben müssen oder ohne Bezahlung arbeiten, verantwortlich ist, ist für Alsford klar: Donald Trump. "Er spielt einfach Spiele - mit dem Leben von 800.000 Regierungsmitarbeitern, die nicht arbeiten können."

USA, Chesapeake and Ohio Canal National Historic Park - Jay Paul Hinds
Trump sei zwar Schuld, aber alle müssen jetzt eine Lösung finden, meint Jay Paul HindsBild: DW/M. Knigge

Diese Ansicht teilt auch Jay Paul Hinds, Theologieprofessor an der Howard University in Washington. Er kommt regelmäßig in den Park, um beim Spaziergang am Fluss Ruhe vom hektischen Alltag zu finden. "Der Shutdown opfert das Wohlbefinden der Arbeiter für politische Zwecke", sagt er und ergänzt. "Und die Tatsache, dass Präsident Trump so stur ist, ist sehr beunruhigend." 

Toiletten geschlossen

Bevor er den Rückweg seiner morgendlichen Laufrunde antrat wollte Steven Schupak noch schnell die Toiletten aufsuchen - doch hier und an diesem Morgen vergeblich. "Die Toiletten in diesem Park sind geschlossen. Es ist lächerlich", sagt er, betont aber, dass die verschlossenen Toiletten nur ein vergleichsweise unwichtiges Detail des "Shutdowns" seien. Die betroffenen Regierungsangestellten, sie seien die wirklichen Opfer dieser Krise. "Es ist einfach eine schlimme, schlimme Situation." 

Auch Schupak, der in der Umgebung wohnt, sieht Trump als Hauptverantwortlichen für die Haushaltsblockade. "Sein Ego steht auf dem Spiel", glaubt er. Deshalb habe der Präsident auch seine Forderung nach Milliarden für den Bau einer Mauer entlang der Grenze zu Mexiko jüngst nochmals bekräftigt. Trumps Haltung mache ein schnelles Ende der Krise unwahrscheinlich, fürchtet auch Schupak.

USA, Chesapeake and Ohio Canal National Historic Park
Der beliebte Park ist offiziell geschlossen, aber für Fußgänger und Radfahrer zugänglichBild: DW/M. Knigge

Kongress in der Pflicht

Es ist wichtig zu betonen, dass die persönlichen Einschätzungen der Nationalparkbesucher Schupak, Hinds und Alsford naturgemäß nicht repräsentativ für die Bewertung des "Shutdowns" durch die amerikanische Bevölkerung insgesamt sind und sein können. Vielmehr stellen sie eine anekdotische und regionale Mini-Momentaufnahme an diesem 14. Vormittag des "Shutdowns" in einem Nationalpark in der Nähe Washingtons dar.

Und dennoch spiegelt die Einschätzung der Drei offenbar die Haltung vieler Amerikaner ganz gut wider. Mehreren kurz nach Beginn des "Shutdowns" veröffentlichten Meinungsumfragen zufolge gaben die meisten Befragten Präsident Trump die Schuld an der Haushaltsblockade. Doch in einer in dieser Woche veröffentlichten Huffpost-YouGov-Umfrage sehen die meisten Amerikaner die Verantwortung nun beim neugewählten Kongress mehr als bei Trump. Zwar schneiden die Republikaner schlechter ab als die Demokraten, doch der "Schwarze Peter", zumindest dieser Umfrage zufolge, liegt nun beim Kongress, nicht mehr primär beim Präsidenten.

USA, Chesapeake and Ohio Canal National Historic Park - Steven Schupak
Der "Shutdown" spiegelt die tiefe Spaltung des Landes wider, wie Steven Schupak findetBild: DW/M. Knigge

Das sieht auch der Theologe Hinds so. Zwar gibt er Trump die Schuld am "Shutdown", sieht aber nach der Machtübernahme im Repräsentantenhaus nun auch die Demokraten in der Pflicht, die Haushaltsblockade bald zu beenden. "Ich bin sicher, dass es einen Kompromiss geben könnte", sagt er. "Aber beide Seiten haben sich jetzt so auf ihre Positionen versteift, dass ich leider glaube, dass das noch eine Weile so weitergehen wird."